Haan Haaner Kirmes mit Kyrie und Hahneköppen

Haan · Traditionen bestimmten gestern die Haaner Kirmes. Der Tag begann mit einem gut besuchten Gottesdienst.

 Mit einem großen Brillantfeuerwerk bedanken sich die Schausteller heute Abend ab 21.30 Uhr beim Publikum.

Mit einem großen Brillantfeuerwerk bedanken sich die Schausteller heute Abend ab 21.30 Uhr beim Publikum.

Foto: Olaf Staschik

Während der Fürbitten erklingt das Geschepper von Bierfässern. Mitten im Glaubensbekenntnis ist Babygeschrei und Hundegebell zu hören. Und wer beim Sprechen des "Vaterunser" nicht die Augen schließt, der schaut auf die Zeichnung einer überlebensgroßen, leicht bekleideten Frau, deren bloßer Oberkörper nur notdürftig von einem knappen T-Shirt bedeckt ist.

 Auf Bierbänken und in Autoscootern saßen die Teilnehmer des ökumenischen Gottesdienstes gestern Morgen auf der Haaner Kirmes.

Auf Bierbänken und in Autoscootern saßen die Teilnehmer des ökumenischen Gottesdienstes gestern Morgen auf der Haaner Kirmes.

Foto: Staschik, Olaf (OLA)

Einen ökumenischen Gottesdienst feierten Ulrike Peters, Gemeindeassistentin der Katholischen Gemeinde St. Chrysanthus und Daria, sowie Pfarrer Frank Weber, Superintendent des Kirchenkreises Düsseldorf-Mettmann, gestern Morgen auf dem Autoscooter der Familie Osselmann an der Kaiserstraße. Der Gottesdienst, erstmals 2006 gefeiert, ist mittlerweile liebgewonnener Brauch. Die Besucherzahl ist in diesem Jahr größer als in den vorangegangenen: Rund 120 Gäste haben auf Bierbänken oder in den Selbstlenkern Platz genommen. "Wir sind jedes Jahr hier, weil das dazugehört", sagt Rosa Holsneimann. Und ihre Freundin Heink Neumann ist überzeugt: "Wenn man hier lebt und wohnt, dann ist das Tradition."

"Über die Stränge schlagen" lautete diesmal das Motto des Gottesdienstes, und die Geistlichen vermochten es, trotz des morgendlich beginnenden Kirmestrubels Augenblicke der Andacht und des Nachdenkens zu schaffen. "Kirmeszeit ist Wendezeit", sagte Weber. "Im Herbst verdichten sich viele Fragen oder kommen hoch." Da gelte es, innezuhalten und sich der Werte und Ziele im Leben bewusst zu sein. Zu Gott finden, das könnte eines davon zu sein. "Aber ist Gott nur in unseren Gotteshäusern zu finden?", fragt Ulrike Peters und antwortet selbst: "Indem wir hier feiern, wo für uns eine Auszeit, aber für die Schausteller der Alltag stattfindet, können wir uns bewusst machen, dass Gott überall unter uns sein will."

Derart geistig erfrischt strömen die Besucher nach dem Gottesdienst in alle Himmelsrichtungen. "Wir gehen jetzt mit Nachbarn und Freunden auf das Riesenrad und danach was Schönes essen", erzählt Heink Neumann lachend. Andere zieht es unter dem Duft von Zuckerwatte, gebrannten Mandeln, gerösteten Zwiebeln und gegrillten Bratwürstchen zum Hahneköppen. Schnell ist die Aktionsfläche des Traditionsvereins "Haaner Hahneköppen 1999" umringt von Menschen. Die Augen verhüllt von einem dicken, braunen Fleece-Stoff versucht Michaela ihr Glück. Mit einem Säbel in der Hand geht sie auf den Korb zu, aus dem der (angenähte) Kopf eines geschlachteten Huhns heraushängt.

Eifrig brüllen ihr die Zuschauer Kommandos zu. "Vor, vor, vor!", wenn sie noch einen Schritt vorangehen soll, oder "tiefer, tiefer, tiefer!", wenn sie den Säbel in die richtige Position bringen soll. Ihr Schlag misslingt, das Publikum applaudiert ihr dennoch. "Gar nicht so einfach", sagt später ein Teilnehmer, dessen Versuch ebenfalls missglückt. "Man muss versuchen, sich auf eine einzige Stimme zu konzentrieren", weiß eine Frau, doch auch ihr Versuch schlägt fehl. Zwölf Hühner hat der Verein zum Hahneköppen bereitgestellt. Einen Euro Startgeld kostet es, mit einem einzigen Schlag sein Geschick unter Beweis zu stellen. Dafür gibt's zunächst wahlweise einen kräftigen Korn oder einen Kräuterschnaps sowie einen aufmunternden Klapps auf die Schulter. Dann taumeln die Kandidaten blind in Richtung Korb, einzig angeleitet von den lauten Rufen des Publikums.

"Wir haben uns vorher intensiv über das Veterinär-, das Tierschutzgesetz und das Lebensmittelrecht schlau gemacht", erinnert sich Gründungsmitglied Gabriele Haage an den Beginn des Spektakels vor 15 Jahren. "Wir nutzen keine lebenden Hühner", betont sie. Alle Tiere stammen von Bauern aus der Region und würden gesetzeskonform geschlachtet. Das Geflügel sei so gut durchgekühlt, dass es auch nach dem Hahneköppen noch verwertbar ist. 200 Mitglieder hat der Verein mittlerweile. Viele davon versuchen sich an diesem Tag selbst im Hahneköppen. Als Preis wartet der Gutschein für ein halbes, gegrilltes Hähnchen vom "Rathausgrill" auf die Gewinner.

(RP)
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