Rentner in Haaner Wohnung brutal überfallen „Ich will, dass sie verurteilt werden!“

Haan · Im Mai 2017 wurde der Rentner Carl Kaufhold in seinem Haus in Haan überfallen, von vier Tätern stundenlang gefangen gehalten. Schließlich zündeten die Räuber das Haus an. Das Opfer überlebte mit viel Glück. Am Montag ist der Prozess am Landgericht Wuppertal gestartet.

Carl Kaufhold am Tatort. Sein Haus am Hermann-Löns-Weg ist auch gut ein Jahr nach noch nicht bewohnbar. Das Opfer kämpft jetzt mit der Versicherung.

Carl Kaufhold am Tatort. Sein Haus am Hermann-Löns-Weg ist auch gut ein Jahr nach noch nicht bewohnbar. Das Opfer kämpft jetzt mit der Versicherung.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Carl Kaufhold war am Montag zum Landgericht gekommen, um seinen Peinigern endlich ins Gesicht schauen zu können. Der Prozess startete mir Verzögerung, ein Schöffe war ausgefallen. Als Kaufhold im Mai des vergangenen Jahres in seinem Haus brutal überfallen wurde, zwei der Angeklagten dort schon auf ihn gewartet. Mit Sturmhauben vermummt, traktierten sie den 84-Jährigen über vier Stunden hinweg; zwei standen vor dem Haus „Schmiere“, die Frau war nur am Rande beteiligt. „Ich will ihnen jetzt in die Augen schauen“, sagt er vor dem Beginn des Prozesses. Das habe er damals auch deshalb nicht gekonnt, weil man ihm selbst sofort die Augen verbunden hatte. Im Februar hat die Polizei die mutmaßlichen Täter festgenommen.

Am Ende war es Glück, dass er den Überfall überlebt hat. „Sie haben zum Schluss diese Flüssigkeit im Haus verteilt und mich damit besprüht“, erinnert er sich an den Augenblick, als er an Händen und Füßen gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen auf der Terrasse seines Hauses gesessen habe. Hinter ihm brannte es lichterloh. Carl Kaufhold ließ sich vom Stuhl fallen und versuchte, sich über ein abschüssiges Stück seiner Wiese in den Garten hinein zu rollen. Ein Nachbar war auf das Feuer aufmerksam geworden – er rettete das Opfer in letzter Sekunde. Bei ihm konnte Carl Kaufhold auch übernachten, der Mann hat ihm mit eigenen Kleidungsstücken ausgeholfen.

Was danach kam, treibt den alleinstehenden Pensionär bis heute um: „Ich stand nackt in einer Ruine und niemand hat mir geholfen.“ Damit meint er als erstes Mal das Hotel, in dem er am Tag danach um ein Zimmer gebeten hatte. In viel zu großen Kleidungsstücken des Nachbarn, der ihn begleitet hatte. Ohne Geldbörse, ohne Ausweis und mit einer Geschichte, die man ihm an der Rezeption wohl nicht geglaubt hat. Jedenfalls habe man ihm kein Zimmer geben wollen und auch die Bereitschaft des Nachbarn, für ihn zu bürgen, habe nichts genutzt. Er habe dort auch angeboten, dass man seine Bank anrufen könne, um sich abzusichern. Das habe das Hotel abgelehnt. Erst als seine Schwester das Zimmer auf ihren eigenen Namen gebucht habe, hätte er dort einziehen können. „Und am nächsten Tag wollten sie nach dem Frühstück gleich Geld von mir“, erinnert sich Carl Kaufhold.

Die Gemeinde, das Land, der Bund: Der Senior fühlt sich in seiner Not auch von der Politik allein gelassen. Die Bürgermeisterin und der Landrat haben ihr Bedauern geäußert, aber konkret geholfen habe ihm niemand. Gewohnt habe er ein halbes Jahr im Hotel, bis ihm ein Bekannter zu einem Appartement verholfen habe. Dort lebt er jetzt auf 20 Quadratmetern, während die Auseinandersetzung mit der Gebäudeversicherung weitergehen. Bislang hat er von dort noch kein Geld bekommen, sein abgebranntes Haus ist noch immer eine Ruine. Ob er dort jemals wieder wird einziehen können? „Ich sehe das noch nicht. So etwas kann Jahre dauern.“

Kostbare Lebenszeit für einen 84-Jährigen, der sich als Nebenkläger intensiv mit der Prozessakte befasst hat. So weiß er auch, dass damals im Vorfeld des Überfalls einer der Angeklagten zum andern gesagt haben soll, dass es genüge, wenn der sich dafür einen halben Tag von der Arbeit frei nehmen würde. Carl Kaufhold schüttelt den Kopf und man ist beeindruckt von der Stärke und Gelassenheit, die er trotz des Erlebten ausstrahlt.

Was er damals gedacht habe? „Ich wollte die Leute bei Laune halten und habe freundlich mit ihnen gesprochen, damit sie nicht in schlechte Stimmung kommen.“ Das habe nicht geklappt, weil bei ihm außer ein paar Uhren nichts zu holen gewesen sei. Zwischenzeitlich hatten die Täter ihrem Opfer auch ein Messer in den Oberschenkel gerammt. Nach der Tat habe es ihm geholfen, sich mit Philosophie zu befassen. „Es ist passiert und das Haus ist weg. Es macht keinen Sinn, damit zu hadern“, sagt er.

Das er nun über mehrere Prozesstage hinweg in Gesichter seiner Peiniger schauen und ihre Stimmen wieder hören wird? „Das ist für mich kein Problem. Ich will, dass sie verurteilt werden.“

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