Urteil 63-Jähriger muss wegen Brandstiftung für gut drei Jahre in Haft

Haan · Mehrfach hatte ein 63-Jähriger im Umfeld das Hauses seines Sohnes in Haan gezündelt. Zwei der Brandstiftungen im August 2019 wurden nun am Wuppertaler Amtsgericht verhandelt. Der Angeklagte sitzt seit Oktober in Untersuchungshaft, nun wurde er zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Zuvor hatte ihm der psychiatrische Gutachter die volle Schuldfähigkeit attestiert.

Gericht verurteilte Haaner wegen Brandstiftung
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

War die Anklage zu Prozessbeginn noch von versuchten Brandstiftungen ausgegangen, so stand für den Amtsrichter am Ende der Beweisaufnahme fest, dass zumindest das Anzünden der Fußmatte vor der Haustüre als vollendete Brandstiftung zu bewerten sei. Das mit Benzin angefachte Feuer hatte sich ausgebreitet und die Haustüre in Brand gesetzt. Aus Sicht des Gerichts war es glücklichen Umständen zu verdanken, dass die Familie den nächtlichen Brand bemerkte und ihn habe löschen können.

Vorausgegangen war dieser Eskalation ein Familienstreit, nachdem das gemeinsame Wohnen unter einem Dach gescheitert war. Vor vier Jahren hatte der Sohn des Angeklagten ein Haus gekauft, in dem die Eltern eine eigene Wohnung bezogen. Der 63-Jährige habe sich liebevoll um die kleine Enkeltochter gekümmert, bis man wegen der „Raucherei“ des Angeklagten und seiner Frau in Streit geraten sei. Am Silvestertag 2016 folgte die fristlose Kündigung mit Androhung einer Räumungsklage durch den Sohn und dessen Frau - der Kontakt brach nahezu vollständig ab. Vom Balkon der nur 50 Meter entfernten Wohnung habe der Angeklagte von da an auf das Familienleben seines Sohnes geschaut und seine Enkeltochter schmerzlich vermisst.

Dass all das im Prozess überhaupt zur Sprache kam, war einem einfühlsam nachforschendem Staatsanwalt und auch einer ausführlichen gutachterlichen Expertise zu verdanken. Der 63-Jährige blieb bis zum Schluss eher wortkarg und als Prozessbeobachter wurde man seiner Unfähigkeit gewahr, Gefühle in Worte zu fassen. Mit 13 Geschwistern und mit vom Gutachter als „schlicht“ beschriebenen Eltern aufgewachsen, war es ihm Zeit seines Lebens verwehrt geblieben, lesen und schreiben zu können. Der Sohn beschrieb den von Minderwertigkeitsgefühlen getriebenen Vater als grob und wenig wertschätzend. Die Ehefrau sprach von ihm als Choleriker, der „auf den Tisch gehauen“ habe, um seine Meinung durchzusetzen. Ihr war auch aufgefallen, dass sich ihr Mann im Vorfeld der Brandstiftung verändert haben soll und nutzlose Dinge gekauft habe. Sonst gut gekleidet, sei er oft im Bademantel oder im Unterhemd herumgelaufen. Der Versuch, ihn nach den ersten Brandstiftungen am Haus des Sohnes in die Psychiatrie einweisen zu lassen, war offenbar gescheitert.

„Wir haben es hier mit einer Beziehungstat zu tun“, fasst der psychiatrische Gutachter die emotionale Gemengelage zusammen. Der Angeklagte habe seinen Ärger „runtergeschluckt“, alles in sich hineingefressen und nach eigener Aussage am Ende rotgesehen. Die Familie sei nun vollends zerrüttet - die Ehe stehe auf der Kippe.

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