Die Stadt Haan wird für den Artenschutz aktiv Drahtkörbe werden zum Lebensraum

Haan · Die Gartenstadt hat Totholzgabionen aufgestellt, die Insekten ein sicheres Winterquartier bieten. Kommenden Sommer soll im Rahmen eines Zertifizierungsprozesses eine Strategie für die kommunalen Grünflächen entwickelt werden

 StadtGrün naturnah: vl Ali Daauud und Alexeji Brudarenko bestücken Totholz-Gabionen im Schillerpark.

StadtGrün naturnah: vl Ali Daauud und Alexeji Brudarenko bestücken Totholz-Gabionen im Schillerpark.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Aufmerksamen Bürgern dürften die eingezäunten Laubhaufen in der Rathauskurve und im Schillerpark längst aufgefallen sein. Schön sehen sie wahrlich nicht aus, eher wie kleine vor Verwehungen geschützte Zwischenlager für die Abfälle der städtischen Grünanlagen. Doch weit gefehlt. Der vermeintliche Abfall wird nicht in den kommenden Tagen abgeholt, sondern ist ein neues ökologisches Winterquartier für allerlei Krabbeltierchen, die wertvoll und unerlässlich für ein gut funktionierendes Ökosystem sind. „Natur ist nicht aufgeräumt und hat auch nicht die Funktion, schön für uns auszusehen“, entgegnet Christine-Petra Schacht jenen, die diese neuen Totholzgabionen für unästhetisch halten.

Die 1,5 Meter langen, ein Meter breiten und ein Meter hohen Stahlgabionen, die von den städtischen Gärtnern mit Gehölzschnitt befüllt werden, bieten heimischen Wildbienen, Kröten und Käfern je nach Standort Schutz und Nahrung. „An vollsonnigen und warmen Standorten werden die Totholzgabionen von Bienen, Faltern und Echsen bewohnt, während feucht-schattige Plätze von Laufkäfern bewohnt werden, darunter auch von bedrohten Arten wie Hirsch- und Nashornkäfern“, erklärt Gartenbaumeister Peter Kannemann. Darüber hinaus sorgen die Totholzgabionen auch dafür, dass bisher nicht erforschte Ressourcen und Genpools aus den verfallenden Hölzern und Laubresten erhalten bleiben.

Insgesamt acht Standorte werden in den kommenden Tagen mit den Gabionen ausgestattet. Bislang gibt es eine in der Rathauskurve und zwei im Schillerpark. Eine Idee, die die technische Beigeordnete Christine-Petra Schacht aus ihrer ehemaligen Wirkstätte in Trier mitgebracht hat. „Das ist eine einfache Möglichkeit, relativ kostengünstig etwas für den Artenschutz in einer Stadt zu tun“, sagt Schacht überzeugt. Je nach Größe kosten die Stahlkonstruktionen zwischen 15 und 100 Euro und eignen sich auch problemlos zum Nachahmen in den heimischen Gärten.

Die Totholzgabionen in Haan sollen aber nur ein Baustein von vielen sein und ein erster Startschuss für die zu erarbeitende Strategie im kommenden Sommer. Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses „StadtGrün naturnah“, begleitet von Experten des Vereins „Kommunen für biologische Vielfalt“, wird die Stadtverwaltung ab Juli 2022 eine Strategie für die Qualifizierung der kommunalen Grünflächen entwickeln, mit besonderem Augenmerk auf den Artenschutz. Beispielhaft könnten als weitere Bausteine selbstgebaute Nistkästen für Vögel oder Insektenhäuser im Stadtgebiet installiert werden und die Grünfläche durch einen veränderten Mährhythmus ebenfalls als Habitat für Insekten erhalten bleiben, zählt Kannemann die Möglichkeiten auf. Im weiteren Verlauf sollen noch Piktogramme und QR-Codes an den Gabionen angebracht werden, wo sich Interessierte per Smartphone über dieses besondere Konstrukt und den Nutzen für den Artenschutz informieren können.

Der Zertifizierungsprozess wird im Sommer 2023 beendet sein. Abgeschlossen wird er mit einer goldenen, silbernen oder bronzenen Auszeichnung, die dann alle drei Jahre überprüft und erneuert werden muss.

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