Kreis Mettmann Reitställe leiden unter der Corona-Krise

Kreis Mettmann · Im Kreis Mettmann leiden viele Reithöfe unter den Auflagen der Corona-Krise, denn Reitschüler dürfen nicht zum Unterricht kommen. Viele Inhaber haben nun deutlich mehr Arbeit und die ausbleibenden Einnahmen bringen auch finanzielle Sorgen mit sich.

 Lenika unterstützt ihren Vater Mirko Conrad bei den Arbeiten auf dem Hof.

Lenika unterstützt ihren Vater Mirko Conrad bei den Arbeiten auf dem Hof.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Bereits im März musste Mirko Conrad die Rundmail an seine 180 Schüler schreiben: Der Reitunterricht ist erst einmal auf unbestimmte Zeit abgesagt – so lautete die Botschaft. In NRW wurden damals erste Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus getroffen. Sie führten zu einer Einstellung des sportlichen Regelbetriebs in Vereinen und Betrieben – auch den Reitschulen.

Der Reitstall der Familie Conrad in Haan-Gruiten ist einer von vielen Höfen, den die Corona-Krise im Kreis Mettmann  deutlich trifft: Weil alle Unterrichtsstunden und Veranstaltungen abgesagt werden mussten, bedeutet das für viele Höfe enorme Kosten.

„Es geht oft um die nackte Existenz“, sagt André Kolmann. Er leitet nicht nur die Landes-Reit- und Fahrschule Rheinland in Langenfeld, sondern ist auch Vorstand des Pferdesportverbands im Rheinland. Auch der Sportverband, der Turnier-Ausschreibungen und Lehrgänge koordiniert, bekommt die Auswirkungen der Pandemie zu spüren – allein im April habe der Verband Verluste im sechsstelligen Bereich erlitten. Besonders ernst sei die Lage allerdings für Schulpferdbetriebe: „Die Reitschulen haben keine festen Einnahmen mehr – trotzdem aber weiter laufende Kosten für die Pferde.“

Ein Beispiel ist der Reitstall Witting in Ratingen. Inhaber Heinz Witting erzählt, dass von den insgesamt 60 Pferden, die auf seinem Hof stehen, lediglich 20 davon sind Pensionspferde. Um die übrigen 40 Tiere müssten er und seine Mitarbeiter sich seit der Corona-Krise nun komplett allein kümmern. Alle Tiere müssten gepflegt und ernährt werden, die Ställe müssen ausgemistet werden und Bewegung brauchen die Tiere auch.

Hinzu kommt, dass die Pferde derzeit noch nicht auf die Weide können – das Gras sei derzeit noch nicht gut verdaulich. Deshalb muss Witting die Tiere zusätzlich abwechselnd auf die Sandkoppel bringen. „Dabei ist auf dem Reiterhof in vielen Fällen mehr Platz zum Abstandhalten als in der Stadt“, beklagt er und hofft, dass bald eine Besserung der Lage in Sicht ist.

Reitstall-Besitzer Conrad aus Haan ist froh, dass ihn gerade seine Tochter Lenika auf dem Hof unterstützt. Sie hatte in den vergangenen Wochen keinen Unterricht. „Ich kümmere mich immer morgens darum, die Boxen auszumisten, streue sie neu ein, bewege unsere Schulpferde und reite auch meine Pferde aus“, erzählt die 18-Jährige, die gerne auf dem Hof mithilft. Abends setzt sich Lenika dann an den Schreibtisch und holt den Schulstoff auf. Klingt nicht so sorgenlos, wie man sich das sprichwörtliche Leben auf dem Ponyhof vorstellt. Und doch würden sie viele Reitschüler derzeit ein wenig beneiden. „Immerhin kann ich jetzt, wo alle viel Freizeit haben, die Zeit mit den Pferden nutzen“, sagt sie.

Dem stimmt auch Sabine Angemeer vom Mettmanner Gut Scheidt zu. „Wenn ich im Moment nicht zu den Pferden könnte, würde es mir deutlich schlechter gehen“, sagt die Pferdetrainerin. Die harten Auflagen für Reitschulen seien für sie nur schwer nachvollziehbar, denn gewöhnlich finde dort der Unterricht in einer großen Halle oder draußen statt – Abstand halten sei in der Regel gar kein Problem. „Ich glaube vor allem, dass es vielen gerade in diesen Zeiten emotional gut tun würde, Zeit mit den Pferden zu verbringen“, betont Angemeer. Sie sei erleichtert, noch ein zweites Standbein als Dozentin an einer Hochschule zu haben. Ihre Trainings könne sie im Moment nicht anbieten, aber dafür gehören die meisten der 25 Pferde auf ihrem Hof privaten Besitzern. Diese dürfen sich selbst um ihre Tiere kümmern.

Auf dem Reithof Conrad können die Besitzer der Pensionspferde maximal zwei Stunden täglich auf dem Hof bei ihrem Pferd sein. Mirko Conrad hat dazu einen festen Besuchsplan für die etwa 45 Pferdebesitzer erstellt, der streng befolgt werden muss. „Sein Pferd abholen und dann drei Stunden ins Gelände reiten, das geht im Moment leider nicht“, sagt er und hofft darauf, dass sich die Lage bald bessert.

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