Säureanschlag auf Ex-Innogy-Manager Angreifer zu zwölf Jahren Haft verurteilt

Haan/Wuppertal · Einer der beiden Männer, die den damaligen Innogy-Manager Bernhard Günther im März 2018 mit Säure übergossen haben, muss für zwölf Jahre in Haft. Überraschend kam der Schuldspruch gegen den Angeklagten Nuri T. nicht.

 Das Gericht in Wuppertal hat den 42-Jährigen Angeklagten in dem Prozess um den Säureanschlag auf Bernhard Günther (Foto) zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Das Gericht in Wuppertal hat den 42-Jährigen Angeklagten in dem Prozess um den Säureanschlag auf Bernhard Günther (Foto) zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Belgier zur Tatzeit am Tatort war. Er selbst hatte das bis zum Schluss bestritten und behauptet, dass seine DNA in einem Bordell gestohlen worden sei, um ihm die Tat anhängen zu können.

Die an einem Handschuh sichergestellte DNA-Spur konnte dem 44-Jährigen zugeordnet werden - ein solches Indiz allein wäre aber wohl nicht ausreichend gewesen für eine Verurteilung. Erst vor Tagen hat der Bundesgerichtshof den Freispruch eines Tatverdächtigen bestätigt, der 2017 wegen des Doppelmordes an dem Wuppertaler Unternehmerehepaar Springmann auf der Anlagebank gesessen hatte. Seine DNA war an einer der beiden Leichen sichergestellt worden, und dennoch war es dem Gericht nicht gelungen, seine Anwesenheit am Tatort zur vermuteten Tatzeit unzweifelhaft festzustellen.

Bei Nuri T. lagen die Dinge hingegen anders. Die Kammer ist davon überzeugt, dass sich der Belgier bei dem Säureanschlag versehentlich selbst verletzte. Nur wenige Tage nach der Tat war er mit einer Verätzung am Fuß bei seinem Hausarzt vorstellig geworden. Der wiederum hatte ihn ins Krankenhaus geschickt, die auf Fotos dokumentierte Wunde ähnelte den Verletzungen, die Bernhard Günther im Gesicht erlitten hatte. Hatte Nuri T. im Krankenhaus noch gesagt, er sei in seiner Autowerkstatt in ein Regal mit Flüssigkeiten gestolpert, so sprach er nun im Prozess davon, dass ihm ein Katalysator auf den Fuß gefallen sei. Das Gericht glaubte ihm seine Version der Geschichte nicht - dort ging man stattdessen davon aus, dass die Wunde durch Säure verursacht wurde.

Warum Säure? Diese Frage blieb ungeklärt in einem Indizienprozess, von dem sich der ehemalige Innogy-Manager wohl mehr erhofft hatte als die Verurteilung des Angeklagten. Für Bernhard Günther ist klar: Einer der beiden Täter läuft noch immer frei herum. Auch der mutmaßliche Auftraggeber blieb im Dunkeln. Nicht wissend, worum es eigentlich ging bei dem Überfall im März 2018, könne daher auch eine anhaltende Bedrohungslage nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Zumal es schon 2012 einen Anschlag auf den Topmanager gegeben hatte, auch damals wurde er beim Joggen überfallen. Er selbst sieht den Drahtzieher in der Führungsetage von RWE, der Name ist der Staatsanwaltschaft seit Jahren bekannt. Es hatte Ermittlungen gegen den Mann gegeben, die mittlerweile eingestellt wurden. Auch der mutmaßliche Mittäter, den Bernhard Günther auf Facebook-Fotos erkannt haben will, sei noch immer auf freiem Fuß. Der Grund: Günther hatte die Fotos von seinen Anwälten vorgelegt bekommen, bevor er den Mann auf den Wahllichtbildvorlagen der Polizei identifizierte. Die Beschwerdekammer des Landgerichtes hatte diesen Vorgang damals bemängelt, der tatverdächtige Marko L. musste aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Seitens der Nebenklage hofft man, dass die Ermittlungen der Justiz auch nach dem Schuldspruch gegen Nuri T. weiter betrieben werden. Auch die Kammer hält Marko L. Für den zweiten Täter, bei dem Schuldspruch gegen Nuri T. sprach der Vorsitzende vom „Abschluss einer ersten Etappe“.

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