Haan Beim Schrauben kann er prima entspannen

Haan · Bernd Stracke will Bürgermeister werden. Der 62-Jährige ist seit 16 Jahren Stadtverordneter für die SPD und seit sieben Jahren deren Fraktionsvorsitzender. Er weiß genau, wie politische Entscheidungsprozesse moderiert werden.

 Seine alten, klassischen Moto-Guzzi-Motorräder sind zwei Diven, meint Bernd Stracke. Gefahren werden sie  kaum noch.

Seine alten, klassischen Moto-Guzzi-Motorräder sind zwei Diven, meint Bernd Stracke. Gefahren werden sie  kaum noch.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Der rote Feuerwehr-Wagen aus der früheren DDR zog viele neugierige, ja sogar bewundernde Blicke auf sich. Es war 2009, und der damals 51-jährige SPD-Bürgermeisterkandidat Bernd Stracke suchte im Gespräch auf dem Alten Markt den direkten Kontakt zu den Bürgern. Sein ungewöhnliches Wahlkampfmobil – ein roter Barkas-Lieferwagen, der einst beim DDR-Innenministerium als Feuerwehrfahrzeug eingesetzt war. Der Blickfang mit Zweitaktmotor aus dem Baujahr 1987 garantierte auf Anhieb Aufmerksamkeit.

Mittlerweile ist Stracke 62 – und hat solche optischen Hilfsmittel längst nicht mehr nötig, würde auch allein schon aus Klimaschutzgründen nicht mehr darauf zurückgreifen. Seit 26 Jahren ist er SPD-Mitglied, 20 davon als Vorsitzender des Ortsvereins Haan. Man weiß, wofür sein Name steht. Seit 2004 sitzt Stracke im Rat der Stadt, seit sieben Jahren sogar als Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten. Stracke hat Bürgermeisterkandidaten kommen und gehen sehen, doch jetzt will er es selbst noch einmal wissen.

 „Es ist an der Zeit, einen Politiker mit genügend politischer Erfahrung und zudem mit einem Schwerpunkt auf den heute so wichtigen Themen Umwelt und Klimaschutz ins Rennen zu schicken“, sagt der Bewerber. Umwelt, Klima und ressourcenschonende Mobilität sind für Stracke als stellvertretendem Leiter der Natur- und Umweltschutzakademie NRW nicht nur eine Herzensangelegenheit, sondern längst gelebter Alltag. Aber auch das Thema soziale Gleichberechtigung etwa in Form bezahlbaren Wohnraums liegt dem Politiker am Herzen.

Apropos Wohnraum: Als er selbst 1998 auf der Suche nach einem Haus in der Nähe von Düsseldorf war, und sich bewusst für Haan entschied, nannte Stracke als Gründe, „die verkehrsgünstige Lage im Grünen, die überschaubare Größe, vor allem aber auch die Menschen”. Die nahmen den Vater zweier Töchter und seine Familie herzlich auf – und er gab ihnen diesen Vertrauensbeweis immer wieder zurück, auch durch ehrenamtliches Engagement: unter anderem als Vorsitzender des Haaner Turnerbundes und Vorstandsmitglied des Musikschul-Vereins.

Seine beiden Töchter sind mittlerweile längst erwachsen – umso mehr freut sich der Vater  über das Angebot, ihn im Wahlkampf aktiv unterstützen zu wollen. An politischem Nachwuchs mangelt es der Haaner SPD nach Strackes Worten glücklicherweise ohnehin nicht. Unter den sieben Ratskandidaten für die Reserveliste befinden sich vier Juso-Mitglieder, die zum ersten Mal aufgestellt worden sind.

Auch wenn die Sozialdemokraten in den vergangenen Amtsperioden nie den Bürgermeister stellten, so betont ihr aktueller Kandidat jedoch „viele Erfolge, die es ohne die SPD vermutlich nicht gegeben hätte“.

Das Thema Versorgung mit Kita-Plätzen ist so ein Fall. „Als ich damals nach Haan kam, war das ein echtes Problem“, erinnert sich Stracke. Die Genossen hätten dicke Bretter gebohrt, um zu erreichen, dass die Stadt selber als Betreiber einer Kindertagesstätte Verantwortung übernimmt. „Ich kann mich erinnern, dass viele gerade aus CDU und FDP von dieser Idee überhaupt nicht begeistert waren.” Dass sich mittlerweile drei Kitas in städtischer Trägerschaft befinden und Haan im Vergleich mit anderen Kommunen ausgesprochen gut dasteht, ist Bernd Stracke zufolge der Hartnäckigkeit zu verdanken, „mit der vor allem die SPD dieses Thema immer verfolgt hat”.

Er selbst trat übrigens vergleichsweise spät in die Partei ein. Und auch sein Schlüsselerlebnis hatte nichts mit den Granden der Sozialdemokratie wie etwa Willy Brandt oder Helmut Schmidt zu tun. Bernd Stracke wurde Genosse, weil ihm die Offenheit und Transparenz bei der Wahl des damaligen Parteivorsitzenden Rudolf Scharping besonders gut gefiel. „Dass die Basis in das Wahlverfahren voll eingebunden war und mitbestimmen durfte, hat mich einfach überzeugt“, erinnert sich Stracke. Denn auch er findet: „Diskussionen – auch hart geführt - müssen sein, sofern sie fair, wertschätzend und lösungsorientiert geführt werden.“ Diese Diskussionskultur schätzt er auch und gerade im Zusammenhang mit den Haaner Jusos.

Ein Bürgermeister, der die sozialen Aspekte von Kommunalpolitik in den Vordergrund rückt, will er sein: bezahlbarer Wohnraum, Bildungschancen für alle, Gerechtigkeit und Verantwortung den nächsten Generationen gegenüber sind seine Themen.

Befragt man Stracke dazu, wie er von Beruf und Politik abschalten kann und wobei er am besten entspannt, nennt er natürlich Lesen, Sport und Musik. Das belegt die Verwurzelung im Haaner Turnerbund und der Musikschule: Als Kind lernte er Flöte und Klavier, spielte in den 70er Jahren in einer Schülerband und schlug als Student Rock-, Blues- und Jazzrhythmen auf dem Schlagzeug.

Doch dann kommt noch ein drittes Hobby, das so gar nicht zu den beiden anderen passen will: Zwei schwere Moto-Guzzi-Motorräder stehen bei Bernd Stracke in der Garage. Die Maschinen sind 39 und 31 Jahre alt. Auf der Straße sieht man die Krafträder und ihren Besitzer nur noch selten. „Ich kann ja nicht Klimaschutzpolitik machen und dann nach Feierabend sinnfrei durch die Gegend fahren“, sagt er.

Dies sei aber auch gar nicht nötig. Denn Stracke betrachtet die beiden Motorräder weniger aus der Sicht des Fahrers als aus der des Schraubers, wie er betont: „Das sind zwei Diven, die ab und zu etwas Zuwendung brauchen; beim Schrauben kann ich prima entspannen.“

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