Analyse Anonymer Brief schreckt Behindertenverein und Politik auf

Haan · Die Diskussion um den oder die Behindertenbeauftragte eskaliert: Gabriele Bongard steht im Feuer, der Ruf des Amtes droht Schaden zu nehmen.

Ehrenamt oder Hauptamt? Als die Überlegungen um die Aufgaben des oder der Behindertenbeauftragten vor einigen Wochen erneut aufgenommen wurden, betonte die Politik, dass es in der Diskussion nicht um die Person oder die derzeitige Amtsinhaberin Gabriele Bongard gehe, sondern nur um das Amt und die angemessene Würdigung seiner Aufgaben. Ein Hauptamt, so argumentieren die Befürworter, würde der Position gerechter werden als bislang das Ehrenamt.

Doch schon die anschließende Diskussion hat gezeigt, dass für die Öffentlichkeit Amt und Person offenbar nur schwer voneinander zu trennen sind. Es werden Aufgaben und Art ihrer Ausübung besprochen, und diese Diskussion erstreckt sich zunehmend auch darauf, wie die bisherige Amtsinhaberin sie gemeistert hat und ob dies Betroffenen wie Politik angemessen erscheint. Nun nimmt die Debatte unappetitliche Züge an. In einem gestern bei mehreren Adressaten, darunter der Rheinischen Post und der Haaner Stadtverordneten Meike Lukat (WLH), eingegangenen Brief erhebt der Autor schwere Vorwürfe gegen die Amtsinhaberin, die durchaus justiziabel sein könnten, würden sie denn stimmen. Als Absender ist auf offiziell wirkendem Briefkopf der Blinden- und Sehbehindertenverein für den Kreis Mettmann benannt. Doch dessen Vorsitzender Manfred Rusch fällt aus allen Wolken: "Wir distanzieren uns gewaltig von diesem Brief. Er wurde ohne unser Wissen geschrieben", betont Rusch. Und auch der vermeintliche Unterzeichner Jörg Schwind, Schriftführer des Vereins, dessen maschinengeschriebener Name sich unter dem Text findet, ist empört: "Ich habe den Brief nicht geschrieben, weder im Auftrag des Vereins, noch in meinem eigenen Namen." Nach Angaben der stellvertretenden Vorsitzenden Tamara Ströter wurde das Schreiben auf altem Briefpapier verfasst - das ist ersichtlich an der Bankverbindung, die der Verein so seit fünf Jahren schon nicht mehr nutze. "Wir stellen jetzt Strafanzeige gegen unbekannt", sagt Ströter.

Meike Lukat, beruflich Kriminalbeamtin, hat in dieser Sache nach eigenen Angaben bereits eine Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt. Bürgermeister Knut vom Bovert will den Vorgang nicht kommentieren, sagt nur so viel: "Wir beteiligen uns nicht an der öffentlichen Demontage von Personen aufgrund anonymer Schreiben." Kopfschütteln auch bei Politikern anderer Fraktionen.

Diese Entwicklung hat keiner der Beteiligten so gewollt. Die derzeitige Amtsinhaberin, der guter Wille zu unterstellen ist, steht im Feuer, sie muss um ihren Ruf fürchten. Doch auch das Amt des Haaner Behindertenbeauftragten droht Schaden zu nehmen. Die Politik sollte die Debatte schnellstens beenden, indem sie Entscheidungen fällt. Jetzt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort