Haan 25. Mai 1974: Zehntausend Bürger kämpften für Haan

Haan · Seit dem 1. Januar 1975 bilden Haan und Gruiten gemeinsam eine Stadt. Gegen die geplante Eingliederung Haans zu Solingen und Gruitens zu Wuppertal gab es vor 45 Jahren eine Großdemonstration von Haanern und Gruitenern in Düsseldorf.

 10.000 Haaner und Gruitener demonstrierten am 24. Mai 1974  in Düsseldorf gegen die Pläne der kommunalen Neuordnung; Haan sollte zu Solingen, Gruiten zu Wuppertal.

10.000 Haaner und Gruitener demonstrierten am 24. Mai 1974  in Düsseldorf gegen die Pläne der kommunalen Neuordnung; Haan sollte zu Solingen, Gruiten zu Wuppertal.

Foto: Stadtarchiv Haan

Mehr Einigkeit hat es bisher in Haan und Gruiten nie gegeben. Vereint kämpften Rat und Verwaltung, Bürger – einzeln und in Gruppen – für ihre Selbstständigkeit. Am 25.Mai 1974, vor genau 45 Jahren, demonstrierten in Düsseldorf rund zehntausend Bürger der beiden heutigen Stadtteile gegen die Absicht der Landesregierung, im Zuge der Kommunalen Neugliederung Gruiten zu Wuppertal und Haan zu Solingen zu schlagen. Die perfekt vorbereitete Großdemonstration hinterließ großen Eindruck und führte letztlich dazu, dass Haan und Gruiten seit 1975 gemeinsam die Stadt Haan bilden.

Die Anfänge der kommunalen Neugliederung in NRW reichten zurück bis in die Mitte der 60er Jahre. Entwicklungen im Aachener Raum ließen schon früh den damaligen Haaner Stadtdirektor Heinz Goldenstedt ahnen, „dass da was auf uns zu kommt“. Der Gebietsentwicklungsplan 1966 wies Haan als Mittelstadt am Rand der Ballungszone aus, mit 33 000 Einwohnern. Die Haaner entwickelten Schritt für Schritt die Infrastruktur: 1966 eröffnete das neue Krankenhaus, 1967 das Gymnasium.

 „Wir lassen uns nicht fressen!“ Die Haaner zeigten klar, was sie von der geplanten Neugliederung hielten.

„Wir lassen uns nicht fressen!“ Die Haaner zeigten klar, was sie von der geplanten Neugliederung hielten.

Foto: Stadtarchiv Haan

Im Juni 1970 wurde die Feuerwache an der Nordstraße in Dienst gestellt, der Bauhof an der Überfelder Straße zentralisiert. Die Pläne für das Haaner Hallenbad (eröffnet 1974) reiften, Turnhallen entstanden. Die Wohngebiete Nachbars- und Bollenberg wurden planerisch entwickelt und baulich umgesetzt. Vorausschauende Bodenpolitik war die Basis für die Entwicklung der Gewerbegebiete, in denen Arbeitsplätze entstanden und aus denen Gewerbesteuer sprudelte. Der Neue Markt (1967) wurde realisiert, Kaufhaus-Pläne geschmiedet.

 Am 25. Mai 1974 demonstrierten 10.000 Haaner und Gruitener in Düsseldorf gegen die Pläne der kommunalen Neuordnung; Haan sollte zu Solingen, Gruiten zu Wuppertal.

Am 25. Mai 1974 demonstrierten 10.000 Haaner und Gruitener in Düsseldorf gegen die Pläne der kommunalen Neuordnung; Haan sollte zu Solingen, Gruiten zu Wuppertal.

Foto: Stadtarchiv Haan

Anfang 1971 gab es ein erstes Gespräch von Heinz Goldenstedt und dem Gruitener Amtsdirektor Gustav Kipp über die Landespläne: Beide wollten sich nicht damit abfinden, dass ihre Orte bald Anhängsel der Großstädte sein sollten. Einer ministeriellen Kommission wurde im Herbst bei einer Rundfahrt eindrucksvoll dargelegt, dass die Stadt Haan auch im Abstand zum Ballungskern ihre Aufgaben zur Daseinsvorsorge bürgernah und optimal erfüllen könne. Dass dabei ein wenig „getrickst“ wurde, erzählte Friedhelm Kohl, mehr als 50 Jahre als Ratsherr der FDP: „Wir haben damals bei der Busfahrt Solingen über die Kotzerter Straße und den Eipaß angesteuert. Das war für den Fahrer ziemlich mühsam und erweckte den Eindruck, die Verkehrsverbindung von Haan in die Klingenstadt wäre nicht gut und spräche insofern gegen eine Eingemeindung nach Solingen.“

 Spruchtafeln waren in der Feuerwehrhalle gemalt worden.

Spruchtafeln waren in der Feuerwehrhalle gemalt worden.

Foto: Stadtarchiv Haan

Die Haltung des damaligen Innenministers Willy Weyer gab Hoffnung: Der wollte Haan und Gruiten zusammen als selbstständige Gemeinde erhalten. Die Zuversicht war mit einem Schlag vorbei. Anfang Mai 1974 verlautete, die Orte sollten Wuppertal bzw. Solingen zugeschlagen werden. Spontan bildete sich ein Initiativkreis, der den Kampf um die Eigenständigkeit aufnehmen wollte. Eine Unterschriften-Sammlung begann, Spruchtafeln wurden in der freigeräumten Feuerwehr-Halle gepinselt. Mit Flugblättern und per Lautsprecher-Wagen wurden Bürger aufgerufen, zur Demonstration zu kommen. Am 25. Mai strömten Tausende zum Neuen Markt, kletterten in Dutzende von Rheinbahn- und Reisebussen. Vom Vorplatz des Schauspielhauses aus zog die Invasion, angeführt von dumpfen Trommelklängen, über die Kö zum Landtag.

 Von 1966 bis 1989 lenkte Heinz Goldenstedt als Stadtdirektor die Geschicke Haans. 2017 starb er im Alter von 92 Jahren.

Von 1966 bis 1989 lenkte Heinz Goldenstedt als Stadtdirektor die Geschicke Haans. 2017 starb er im Alter von 92 Jahren.

Foto: Stadt Haan

Der damalige Haaner Landtagsabgeordnete Klaus-Dieter Völker (CDU) vermittelte einen Termin beim Landtagspräsidenten, dem 16. 000 Unterschriften für die Selbstständigkeit übergeben wurden.

Die dritte Lesung des Neugliederungsgesetzes am 10. Juli 1974 verfolgten viele Haaner von der Tribüne im Landtag. Darunter auch Goldenstedt und Bürgermeister Franz Niepel. Als der Punkt Haan aufgerufen wurde, stimmten einige der mit – von Bäckermeister Rainer Schüren – gebackenen Hähnen ausgestatteten Parlamentarier das Lied „Haan bleibt Haan“ an. Die Entscheidung war gefallen und hatte in der Gartenstadt ein spontanes Freudenfest in der Stadtmitte zur Folge.

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