Emissions-Handel Wirtschaft und Umwelt gleichrangig bewerten

Emissions-Handel · Die BoA II wird vorzugsweise in Neurath gebaut. Zu dieser Entscheidung steht RWE Rheinbraun - allerdings unter Vorbehalt. Das erklärte jetzt Dr. Jürgen Engelhard, Vorstandsbeauftragter für politische Fragen, gegenüber der Grevenbroicher Wirtschaftsvereinigung. Was den Konzern zögern lässt: der geplante Handel mit Emissions-Papieren. Würde er in der jetzigen Form umgesetzt, käme es zu Wettbewerbsverzerrungen mit fatalen Folgen, meinte Dr. Engelhard. Definitive Zusagen könnten unter diesen Voraussetzungen zurzeit nicht getroffen werden. Dr. Eberhard Uhlig (l.) war Gastgeber einer Gesprächsrunde, zu der Werner Heres (r.) Vorsitzender der Grevenbroicher Wirtschaftsvereinigung, aus aktuellem Anlass eingeladen hatte. Dr. Jürgen Engelhard, Vorstandsbeauftragter von RWE Rheinbraun, schilderte die möglichen Folgen des Emissions-Handels. NGZ-Foto: H. Jazyk -->

Die BoA II wird vorzugsweise in Neurath gebaut. Zu dieser Entscheidung steht RWE Rheinbraun - allerdings unter Vorbehalt. Das erklärte jetzt Dr. Jürgen Engelhard, Vorstandsbeauftragter für politische Fragen, gegenüber der Grevenbroicher Wirtschaftsvereinigung. Was den Konzern zögern lässt: der geplante Handel mit Emissions-Papieren. Würde er in der jetzigen Form umgesetzt, käme es zu Wettbewerbsverzerrungen mit fatalen Folgen, meinte Dr. Engelhard. Definitive Zusagen könnten unter diesen Voraussetzungen zurzeit nicht getroffen werden. Dr. Eberhard Uhlig (l.) war Gastgeber einer Gesprächsrunde, zu der Werner Heres (r.) Vorsitzender der Grevenbroicher Wirtschaftsvereinigung, aus aktuellem Anlass eingeladen hatte. Dr. Jürgen Engelhard, Vorstandsbeauftragter von RWE Rheinbraun, schilderte die möglichen Folgen des Emissions-Handels. NGZ-Foto: H. Jazyk -->

Um einen "Beitrag zur sachlichen Diskussion zu leisten" hatte Werner Heres, Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung, zu einem Vortragsabend ins Kraftwerk Frimmersdorf eingeladen. Vor zahlreichen Zuhörern aus Wirtschaft und Politik warnte er vor den möglichen Folgen des Emissions-Handels.

Schon im Rahmen der Liberalisierung habe Deutschland seine Energiemärkte vollständig geöffnet - in den meisten anderen Ländern der EU sei dies jedoch nicht der Fall gewesen. Die Folge: Wettbewerbsverzerrungen und damit einhergehend der Verlust von Arbeitsplätzen. "Gleiches könnte durch die Einführung des Emissionshandels drohen. Wobei in unserer Region die besondere Frage entsteht, wie sich dies auf die Kraftwerke und die energieintensive Wirtschaft auswirken wird", erklärte Heres.

Antworten lieferte Referent Dr. Jürgen Engelhard. Er wies darauf hin, dass die EU-Kommission nach der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls zum Klimaschutz nach geeigneten Instrumenten suche, um die übernommenen anspruchsvollen Ziele in den EU-Mitgliedsstaaten umzusetzen. Im Bereich der Industrie und der Kraftwerke sei in diesem Zusammenhang beabsichtigt, einen Handel mit streng limitierten Kohlendioxid-Emissionsrechten einzuführen. Die Folge des dazu von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinienentwurfs: "Die Kosten der Stromerzeugung aus Braunkohle würden drastisch ansteigen und die Wirtschaftlichkeit gegenüber der Konkurrenz ginge verloren", unterstrich Engelhard. Der Konzern könne auf solche Veränderungen nicht mehr mit dem Abbau von Arbeitsplätzen reagieren, sondern müsse auf geplante Investitionen verzichten.

Im Klartext: "RWE Rheinbraun hat seine im Juni getroffene Entscheidung, den zweiten BoA-Block vorzugsweise in Neurath zu bauen, gerade aus diesem Grund unter Vorbehalt stellen müssen." Aber nicht nur die Braunkohle wäre betroffen: "Alle energieintensiven Industriezweige - beispielsweise die im Kreis Neuss starken Chemie- und Aluminium-Unternehmen - sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten gefährdet. Der Bundesverband der deutschen Industrie hat sich daher bereits mit massiver Kritik gegen die Brüsseler Pläne gewandt", erklärte Jürgen Engelhard.

Er kritisierte, dass der Vorschlag der EU-Kommission die Anerkennung von Vorleistungen im Klimaschutz ("Deutschland hat schon jetzt fast sein Ziel erreicht") offen lasse; außerdem werde für Anlagen, die Treibhausgase freisetzen, eine Genehmigungspflicht eingeführt und der Zertifikat-Handel auf ein einziges Treibhausgas, nämlich Kohlendioxid, beschränkt. Die EU schieße sich hauptsächlich auf die Industrie- und Stromerzeuger ein, der Verkehr bliebe außen vor. Sein Unternehmen bekenne sich zu den Zielen der Klimavorsorge und des Kyoto-Protokolls: "Die mit der Bundes- und der Landesregierung vereinbarten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kohlendioxid-Minderung werden planmäßig vorangetrieben."

So sei die Modernisierung von Altanlagen bereits abgeschlossen, der erste Kraftwerksblock der BoA-Technik werde im September in Betrieb genommen; die Planungen für den Nachfolger seien angelaufen. Mit jedem neuen Block könne ein Ausstoß drei Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr verhindert werden. "Für diese großen Anstrengungen, die dem Klimaschutz sowie der Standort- und Arbeitsplatzsicherung dienen, brauchen wir aber sichere und faire Rahmenbedingungen", stellte Dr. Jürgen Engelhard klar. RWE Rheinbraun erwarte, dass der EU-Richtlinienvorschlag in den nächsten Monaten noch so verändert werden kann, "dass er auch den Anforderungen der Wirtschaft gerecht wird". Zurzeit sei er kontraproduktiv und verhinderte Neuinvestitionen.

"Wir erwarten eine langfristige Energiepolitik auf Bundes- und EU-Ebene, brauchen eine Entscheidung für einen ausgewogenen Energiemix und ein Verständnis von Nachhaltigkeit - Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit müssen gleichrangig bewertet werden", betonte der Referent mit Nachdruck. Bei diesen Bemühungen gebe es erhebliche Unterstützung aus der regionalen Politik. Entsprechende Äußerungen der Bundesregierung vermisse Engelhard jedoch, Umwelt- und Wirtschaftsministerium seien derzeit nicht sprachfähig: "Wir werden in dieser Sache aber noch ein Gespräch mit dem Bundeskanzler führen." Gelegenheit bietet sich zur Eröffnung der BoA in Niederaußem. Denn die wird - wahlkampfwirksam - im September von Gerhard Schröder in Betrieb genommen.

(NGZ)
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