Grevenbroich Willkommen in der Eisenzeit
Grevenbroich · Wie lebten die Grevenbroicher vor 3000 Jahren ? Wissenschaftler des Landschaftsverbandes geben auf diese Frage eine Antwort. Sie rekonstruierten eine eisenzeitliche Siedlung, die im Tagebau Garzweiler entdeckt wurde. Ein Novum im gesamten Rheinland.
Wie lebten die Grevenbroicher vor 3000 Jahren ? Wissenschaftler des Landschaftsverbandes geben auf diese Frage eine Antwort. Sie rekonstruierten eine eisenzeitliche Siedlung, die im Tagebau Garzweiler entdeckt wurde. Ein Novum im gesamten Rheinland.

So lebten die Grevenbroicher vor 3000 Jahren: In Titz-Höllen wurde eine Siedlung rekonstruiert, die im Tagebau Garzweiler entdeckt wurde. Der Leiter der archäologischen Außenstelle, Dr. Udo Geilenbrügge zeigt dort weitere Funde - etwa einen bronzezeitlichen Schatz und Silbermünzen, die in Otzenrath versteckt wurden.
Foto: A. WoitschützkeGrevenbroich Die niedrigen Häuschen sind aus Lehm und schweren Eichenbalken gebaut, das Dach ist mit Stroh gedeckt. Aus einem Ofen, der neben einer Werkstatt regengeschützt unter einem Holzverschlag steht, strömt der Duft von frischem Brot. Hühner gackern hektisch herum, bringen sich vor einem liebestollen Hahn in Sicherheit.
Das idyllische Bild einer Bauernsiedlung, so wie sie vor 3000 Jahren zwischen Grevenbroich und Jüchen gestanden hat. Und die jetzt jeder besuchen kann. Denn Experten des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) haben das Anwesen aus der Eisenzeit liebevoll rekonstruiert. "Zum ersten Mal in ganz Nordrhein-Westfalen", wie Archäologe Dr. Udo Geilenbrügge unterstreicht.
Vor acht Jahren haben Wissenschaftler die kleine Ansammlung von Häusern im Tagebau Garzweiler entdeckt. Allerdings nicht so spektakulär, wie sie sich jetzt auf einer Wiese hinter der LVR-Außenstelle in Titz-Höllen präsentiert: "Es waren Reste von Eichenbalken und Verfärbungen im Erdreich, mit deren Hilfe sich der Grundriss der Siedlung nachvollziehen ließ", erklärt Geilenbrügge. Funde wie diese werden normalerweise auf Millimeterpapier dokumentiert und in Akten für die Nachwelt abgeheftet.
Nicht aber in diesem Fall: "Anhand des Garzweiler Fundes wollten wir veranschaulichen, wie die Eisenzeit-Menschen gelebt haben", meint Professor Jürgen Kunow, Chef-Archäologe im Rheinland.
So widmeten sich die Mitarbeiter der Außenstelle Titz in ihrer freien Zeit dem Häuserbau. "Und zwar mit Original-Materialen - etwa Eichenbalken sowie Sand und Lehm, der sich auch heute noch im Tagebau findet", erläutert Udo Geilenbrügge.
Dass die Menschen um 1000 vor Christus ihre Häuser mit Stroh deckten, ist zwar nicht überliefert - aber wahrscheinlich: "Ried war es auf keinen Fall, da in dieser Gegend kein größeres Gewässer existierte", so der Archäologe.
Auf ähnliche Spekulationen waren die Wissenschaftler übrigens auch beim Innenausbau des Haupthauses angewiesen: "Da wir außer den Holzresten keine andere Funde gemacht haben, mussten wir Parallelen zu ähnlichen Siedlungen in der Schweiz oder Nordspanien ziehen. Ich denke aber, dass wir hier richtig liegen", betont der Wissenschaftler.
Seit den 50er Jahren wühlen sich die Archäologen des Landschaftsverbandes durch das Erdreich der Tagebaue - immer im Schatten der gewaltigen Schaufelräder. "Rettungsgrabung" heißt diese Arbeit, bei der es gilt, die Zeugen der Vergangenheit für die Nachwelt zu sichern.
"Wir müssen schneller sein als der Bagger - und das erfordert einen Einsatz bis an die Belastungsgrenze", meint Harry Voigtsberger, Geschäftsführer der Archäologie-Stiftung im rheinischen Revier.
Dass sich dieser Einsatz durchaus lohnt, beweisen jüngste Funde: Im Indetal bei Hambach wurde jetzt ein Schatz aus der Bronzezeit entdeckt - mit einem Beil, Armringen, Schmuckstücken und einer grünblau schimmernden Glasperle.
Letztere ist so etwas wie eine kleine Sensation, denn: "Im Rheinland ist es der erste Nachweis von Glasschmuck aus der Bronzezeit", betont Udo Geilenbrügge. Wertvolles wurde auch im Bereich von Garzweiler II ans Tageslicht befördert: Unterhalb der Alt-Otzenrather Kirche stießen die Archäologen auf einen Schatz mit 59 Silbermünzen.
"Das Geld wurde wohl im 30-jährigen Krieg vor den hessischen Truppen versteckt, die Otzenrath plünderten", vermutet der Archäologe Dr. Alfred Schula.
Die Schätze aus dem Tagebau und die Eisenzeit-Siedlung werden am Samstag, 23. August, ab 11 Uhr beim 15. Tag der Archäologie an der Ehrenstraße in Titz-Höllen präsentiert.
Von dort aus werden auch Shuttle-Fahrten zu den Ausgrabungsstätten angeboten. Wer möchte, kann den Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen.