Grevenbroich Wie Blinde durch das Internet surfen

Grevenbroich · Morgen ist Welt-Braille-Tag. Die Schrift für Sehbehinderte ermöglicht es auch der Grevenbroicherin Andrea Eberl, Internsetseiten mitzulesen. Dabei kommt Hightech zum Einsatz. Überhaupt nutzt sie viele elektronische Helfer.

 Andrea Eberl an ihrer Blindenschreibmaschine. Die Grevenbroicherin ist seit frühester Kindheit erblindet, schafft es aber mit vielen technischen Hilfsmitteln durch den Alltag.

Andrea Eberl an ihrer Blindenschreibmaschine. Die Grevenbroicherin ist seit frühester Kindheit erblindet, schafft es aber mit vielen technischen Hilfsmitteln durch den Alltag.

Foto: Lothar Berns

Manchmal will ihr "Einkaufsfuchs" einfach nicht so, wie sie will. Aber dann klappt es doch noch. Das handliche Gerät scannt den Barcode auf der Flasche und verrät Andrea Eberl: Es ist Cola in der Flache, genau 1,25 Liter. Natürlich ist es ziemlich anstrengend, im Supermarkt jeden einzelnen Artikel aus dem Regal zu holen und ihn mit dem Spezialgerät einzuscannen. "Deshalb lasse ich mir meistens beim Einkaufen vom Personal helfen", erzählt die Grevenbroicherin, die kurz nach ihrer Geburt vollständig erblindete. Weil sie nichts sieht, nutzt sie im Alltag viele elektronische Helfer. Der kleine "Einkaufsfuchs" ist nur einer von vielen. "Ich habe auch ein sprechendes Fieberthermometer, eine sprechende Küchenwaage und ein Gerät, das Farben erkennen kann." Häufig nutzt Eberl auch ihr Smartphone und ihren Laptop, der an eine sogenannte Braillezeile angeschlossen und mit einer Vorlese-Funktion ausgestattet ist.

Das ermöglicht der gelernten Telefonistin und Stenotypistin, unter anderem auch bei Facebook aktiv zu sein. "Mit Hilfe der Braillezeile kann ich mitlesen", sagt die gebürtige Wienerin, die in Grevenbroich vielen als Sängerin und Songschreiberin bekannt ist.

Die Weltblindenunion will mit dem morgigen Welt-Braille-Tag auf die Blindenschrift aufmerksam machen, die sehbehinderten Menschen schon seit 1825 das Leben leichter macht. Bei der Braillezeile - benannt ist sie nach dem Erfinder der Blindenschrift, dem Franzosen Louis Braille - handelt es sich um eine mit dem Computer verbunde Plastik-Zeile, die automatisch bis zu 40 Blindenschriftzeichen anzeigen kann. Steuert Eberl mit ihrer normalen Laptop-Tastatur also zum Beispiel den "Gefällt mir"-Link bei Facebook an, kann sie auf der Braillezeile "Gefällt mir" in Blindenschrift lesen, indem sie die entsprechend automatisch angeordneten Pünktchen mit ihrem Zeigefinger ertastet. Zusätzlich bekommt sie "Gefällt mir" von ihrem Computer vorgelesen.

Wenn sie sich Notizen machen will, greift Eberl auf eine Blindenschreibmaschine zurück, die über sieben Tasten verfügt. Mit diesen Tasten lassen sich alle Buchstaben des normalen Alphabets in Blindenschrift schreiben - und zwar nach dem sogenannten Sechs-Punkte-System. Die sechs Punkte sind angeordnet wie die Sechs auf einem Spielwürfel. Ein einfaches A etwa wird in Blindenschrift mit einem Punkt oben links dargestellt, ein B mit zwei untereinander folgenden Punkten oben links. Die einzelnen Zeichen werden von hinten in etwas dickeres Papier gepresst, so dass Andrea Eberl die Erhöhungen auf der Vorderseite des Papiers ertasten kann. Das sogenannte Acht-Punkte-System kommt bei der Braillezeile zum Einsatz, die am Computer angeschlossen ist. Sie zeigt auch Groß- und Kleinschreibung sowie Zahlen direkt an.

Die moderne Technik macht ihr das Leben seit einigen Jahren deutlich leichter. "Das möchte ich nicht mehr missen", betont die Blinde, die sämtliche Gegenstände, die sie im Alltag nutzt, ertastet. Und ihre ständige Begleiterin ist Hündin Enny. Sie ist ein speziell ausgebildeter Blindenführhund und führt Andrea Eberl im Straßenverkehr an Hindernissen vorbei.

(cka)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort