Grevenbroich Wellpappen-Firma verlässt Kapellen

Grevenbroich · Rund 60 Mitarbeiter des Werks müssen künftig nach Inden. Firmenchef kritisiert städtische Wirtschaftsförderung.

 Seit 1957 ist das Wellpappenwerk Degenhardt an der Industriestraße in Kapellen beheimatet. Das Unternehmen wird nun in die Nähe von Düren ziehen.

Seit 1957 ist das Wellpappenwerk Degenhardt an der Industriestraße in Kapellen beheimatet. Das Unternehmen wird nun in die Nähe von Düren ziehen.

Foto: lb

Ein alteingesessener Familienbetrieb aus Kapellen steht offenbar vor dem Umzug: Die Firma "Degenhardt Wellpappe" will ihren Produktionsstandort nach Inden in der Nähe von Düren verlagern. Rund 60 Arbeitsplätze sollen in Kapellen wegfallen, die Angestellten machen sich große Sorgen. Wohl unberechtigt — die Gewerkschaft Ver.di und die Geschäftsführung stehen dicht vor einer Einigung über die Zukunft der Beschäftigten.

"Viele wissen nicht, wie es weitergeht", sagt ein Mitarbeiter, der seit vielen Jahren in der Firma arbeitet und nicht genannt werden will: "Wir haben zwar Arbeitsplätze am neuen Standort angeboten bekommen, doch der ist gut 50 Kilometer von Kapellen entfernt." Viele Arbeitnehmer hätten kaum die Möglichkeit, dieses neue Werk zu erreichen, sie seien nicht motorisiert und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Doch dies sei schwierig.

Die Gewerkschaft Ver.di hat sich in den Fall eingeschaltet und den Test gemacht. "Der nächste Bahnhof ist vier Kilometer entfernt, eine Bushaltestelle gibt es nicht", erläutert Ver.di-Verhandlungsführer Dieter Seifert: "Die Beschäftigten hätten keine Möglichkeit, morgens pünktlich zur Arbeit zu kommen." Die Gewerkschaft und auch die Unternehmensleitung wollen die Gemüter beruhigen. "Wir haben uns in dieser Woche mit dem Rechtsanwalt der Geschäftsführung zusammengesetzt", so Ver.di-Sprecher Seifert. Man habe über einen Ausgleich für den deutlich weiteren Weg zur Arbeit verhandelt. "Unter anderem haben wir vorgeschlagen, Minibusse anzuschaffen, um die Angestellten von Kapellen nach Inden zu bringen."

Ver.di will außerdem eine Arbeitsplatzgarantie erreichen. "Ob die Geschäftsführung auf unsere Forderungen eingeht, steht noch nicht fest." Im Gespräch mit der NGZ hat Geschäftsführer Dennis Degenhardt bereits signalisiert, dass es aller Voraussicht nach schon kurzfristig zu einer Einigung kommen wird. "Es wird einen Ausgleich in Form von Kilometergeld geben, auch der Einsatz eines Busses für neun Personen ist geplant." Er kann die Aufregung in Teilen der Belegschaft nicht nachvollziehen. "Fakt ist: Den Betrieb hätten wir hier nicht wirtschaftlich weiterführen können. Wir haben in der Nähe von Düren ein hochmodernes Werk gekauft."

Kein gutes Haar lässt Degenhardt an der Gevenbroicher Wirtschaftsförderung. "Natürlich waren wir mit der Stadt und der Wirtschaftsförderung in Gesprächen, um den Standort zu erhalten. Man hat uns ein paar Telefonnummern von Beratungsstellen der Industrie- und Handelskammer gegeben, das war's", so Degenhard: "Wenn die Voraussetzungen gestimmt hätten, wären wir in Grevenbroich geblieben." Die Stadt hat diese Kritik gestern zurückgewiesen: "Uns überrascht der Weggang des Unternehmens, auch weil die Firma keinen Beratungs- und Informationsbedarf angemeldet hat", so Rathaussprecher Andreas Sterken.

(NGZ)
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