Grevenbroich Urzeit-Baum aus dem Tagebau

Grevenbroich · Einmaliger Fund im Tagebau Garzweiler: Unter einem Kohleflöz ist ein 9,5 Meter langes Stück eines Zypressenstamms entdeckt worden. Der Baum wurde vor zwölf bis 15 Millionen Jahren vom Meer angeschwemmt.

Sein Alter ist ihm nicht anzusehen. Der Stamm sieht auf den ersten Blick aus, als ob er erst vor wenigen Tagen geschlagen wurde. Nur die Rinde fehlt – und das hat einen Grund: "Der Baum ist Treibholz, das vor zwölf bis 15 Millionen Jahren vom Meer hier angeschwemmt wurde", erklärt Tagebaudirektor Lutz Kunde.

Vermutlich geschah das während einer Sturmflut, denn innerhalb kürzester Zeit muss der 9,5 Meter lange Stamm mit Sand bedeckt worden sein, der ihn bis heute konservierte. Kunde ist begeistert: "In den vergangenen Jahrzehnten wurde im Revier kein vergleichbarer Fund gemacht – eine Sensation."

Entdeckt wurde das Fossil vom Steiger Andreas Wolksi. Der 48-Jährige war am Ostersonntag auf einer Routinefahrt zu einem Bagger, als ihm in einer weißen Sandschicht unter einem Kohleflöz eine ungewöhnlich dunkle Stelle auffiel. "Ich bin sofort raus aus dem Auto und habe mir das näher angesehen", erklärt der Grevenbroicher. Wolski kletterte in die Böschung und machte im doppelten Wortsinn einen historischen Fund: In acht Metern Höhe ragte ihm ein Stück des Baumstamms mit einem Durchmesser von 80 Zentimetern entgegen: "So etwas hatte ich vorher noch nicht gesehen", sagt Wolski.

Unter der Leitung von Ulrich Lieven, dem Geologie-Experten des Tagebaus, wurde der anderthalb Tonnen schwere Baumstamm aus dem Tertiär-Zeitalter geborgen. Per Kran kam das Fundstück in einen speziell mit Sand ausgelegten Transport-Container und verließ die fünfte Sohle des Tagebaus. Untersuchungen der Universität Utrecht haben zwischenzeitlich ergeben, dass es sich bei dem Fossil um den Stamm einer Zypresse handelt. "Als der Baum umstürzte, war er über 500 Jahre alt und 40 Meter lang", erläutert Ulrich Lieven. Wo er umkippte, ist indes unbekannt.

Nach Plänen von RWE soll das Fundstück der Nachwelt erhalten bleiben. "Für die Forschung, aber auch für die Bevölkerung ist dieses erdgeschichtliche Dokument ein echter Glücksfall. Daher wollen wir den Stamm für wissenschaftliche Zwecke und Museumsbesucher zur Verfügung stellen", meint Lutz Kunde. Die Nachfrage nach dem Urzeit-Nadelbaum ist groß: Daher wurde er noch am Fundort für Forschungszwecke in drei Teile zerlegt. Eines wurde in 15 Zentimeter dicke Scheiben gesägt, die nach der Präparation an Museen und geologische Institute gehen.

Die beiden anderen Abschnitte bleiben erhalten und werden dem Geologischen Dienst in Krefeld und dem RWE-Zentrum Schloss Paffendorf übergeben. Allerdings können sie erst in vier bis fünf Jahren von den Besuchern bewundert werden. So lange bleibt das fossile Holz im Sand-Container, um langsam zu entwässern und auszutrocknen. An der frischen Luft würde es innerhalb weniger Tage zerfallen.

(NGZ)
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