Serie Menschen im Revier Uwe Gerards versorgt 1200 Tagebau-Mitarbeiter mit Kleidung

Grevenbroich · Der gelernte Bergbaumechnaiker hält in der Kaue etwa 7700 unterschiedliche Ausrüstungsgegenstände für fünf Berufe im Tagebau Garzweiler im Blick. Sein Arbeitstag beginnt bereits morgens um 5 Uhr.

 Uwe Gerards leitet die größte Kleider- und Waschkaue im Tagebau Garzweiler.

Uwe Gerards leitet die größte Kleider- und Waschkaue im Tagebau Garzweiler.

Foto: Gundhild Tillmanns

An Uwe Gerards kommt keiner der 1200 Beschäftigten im Tagebau Garzweiler bei Schichtbeginn und -ende vorbei. Denn er ist „Herr“ über die etwa 7700 Einzelstücke der Arbeits- und Sicherheitskleidung. Der 59-Jährige ist Leiter der größten von insgesamt drei Kauen, wo die Beschäftigten eingekleidet werden und nach der Arbeit duschen können. Musste Uwe Gerards bis vor kurzem noch jeden Posten in der Kleiderausgabe von der Jacke bis zur Schutzbrille einzeln per Hand dokumentierten, so erleichtert ihm mittlerweile der Computer den Überblick.

Anspruchsvoll geblieben ist seine Tätigkeit trotzdem: Er muss alleine für fünf unterschiedliche Berufe im Tagebau Garzweiler die passenden Kleidungs- und Ausrüstungsteile sortieren können. Und er muss alleine 18 unterschiedliche Schutzhandschuhe herausgeben. Und es sind nicht unerhebliche Kosten, die der Kauenleiter im Blick behalten muss: Nur für die Ersatzbeschaffung der Arbeitskleidung, die im harten Tagebaubetrieb arg strapaziert wird, müssen jährlich 250.000 Euro angesetzt werden. Und 300.000 Euro pro Jahr fallen für die Wäscherei an. Den stetigen Kreislauf, dass immer genug saubere Arbeitskleidung von der Wäscherei wieder zurückkommt, muss Uwe Gerads ebenfalls im Blick behalten.

Natürlich ist er auch für die Sauberkeit in den großen Duschsälen für die Männer und im kleinen Duschraum für die drei Frauen zuständig, die aktuell im Tagebau für die „Frauenquote“ sorgen. Dort wird sukzessive vom Putzdienst den ganzen Tag über nach jedem Schichtwechsel wieder sauber gemacht. Und einmal im Monat kommen Hygienekontrolleure in den Betrieb.

Sehr früh aufstehen muss Uwe Gerards für seinen Job, der bereits um 5 Uhr in der Frühe beginnt. Um 3.20 Uhr ist für ihn die Nacht zu Ende. Dabei ist Gerards, der einen schweren Unfall hinter sich hat, froh, die Anstellung in der Kaue bekommen zu haben: „Ich bin vor eine Lok gefallen und mein Bein hätte beinahe amputiert werden müssen“, schildert er seinen Arbeitsunfall, den er Anfang der 1990er Jahre erlitt. Bis dahin hatte er als junger Mann sogar noch in der Steinkohle sein Berufsleben begonnen: „Das hatte bei uns in der Familie Tradition. Mein Vater und mein Onkel haben auch unter Tage gearbeitet“, erzählt der 59-Jährige, der allerdings zusehends auch die Folgen dieser Tätigkeit zu spüren bekommt: „Ich habe Probleme mit der Luft. Das war bei meinem Vater und meinem Onkel auch so.“

Doch er sei froh gewesen, nach langem Krankenhausaufenthalt und der entsprechenden Reha bei RWE wieder ins Berufsleben eingegliedert worden zu sein. Das sei möglich gewesen durch ein Übernahmeprogramm aus der Steinkohle in die Braunkohle mit einer bestimmten Sozialauswahl. „Ich hatte schließlich meine Familie zu ernähren“, sagt der Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Kindern.

Seit 21 Jahren ist Uwe Gerards nun beim Energieunternehmen RWE beschäftigt. Er hat vor seiner Zeit in der Kaue auch bei Wind und Wetter draußen im Tagebau als Rücker am Kohleband gearbeitet. Seine Kinder (30 und 34 Jahre alt) sähen in einer Tätigkeit rund um die Energiegewinnung durch Kohle aber schon keine Zukunftsperspektive mehr. „Für uns war der Bergmann früher ein sicherer Beruf bis zur Rente“, blickt der gelernte Bergbaumechaniker zurück. Heute könne er nur noch hoffen, „dass es mit dem Tagebau hier nicht so schnell zu Ende geht“, sagt er mit Blick auf sein nahendes Rentenalter und die anstehende Entscheidung zum Kohleausstieg durch die Strukturkommission in Berlin.

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