Grevenbroich Stadtgeschichte steckt im Schlamm der Erft

Grevenbroich · Bei einem Vortrag in der Villa Erckens erzählten die Archäologen von ihren Grabungen an der Schlossbad-Baustelle und gingen näher auf die spektakulären Funde ein. Der älteste gefundene Gegenstand soll aus der Mittelsteinzeit stammen.

 Ein Jahr lang haben Fachleute historische Artefakte auf dem Areal des ehemaligen Schlossbads ausgegraben.

Ein Jahr lang haben Fachleute historische Artefakte auf dem Areal des ehemaligen Schlossbads ausgegraben.

Foto: lber

Großer Andrang herrschte jetzt in der Villa Erckens: Die Archäologen Horst Husmann und Andrea Beck referierten dort über die Grabungen an der Schlossbad-Baustelle und stellten einige Fundstücke detaillierter vor. Der Vortrag traf bei den Grevenbroichern offenbar einen Nerv - rund 50 Interessierte verfolgten die Veranstaltung im Museum. Eingeladen hatte der Geschichtsverein in Kooperation mit dem Versorger GWG, der sich wegen der Grabungen mit einem einjährigen Baustopp zufrieden geben musste.

Aus Sicht vieler Geschichtsinteressierter hat sich das Warten allerdings gelohnt: Die Archäologen machten jetzt einmal mehr deutlich, von welcher Bedeutung die Fundstücke sind. Sie geben wichtige Hinweise auf die Stadtgeschichte Grevenbroichs - insbesondere auf die Epochen, aus denen keinerlei Schriftstücke erhalten sind.

Bei ihrem Vortrag gingen die Archäologen des Kölner Fachbüros "Thomas Ibeling" auch auf den Ablauf ihrer Arbeit ein. Besonders ergiebig für sie: das graue Erft-Sediment, das die meisten Gegenstände zutage förderte. Eines der interessantesten Fundstücke: ein sogenanntes Laternenrad, das Teil eines Mühlengetriebes war. Darüber hinaus wollen die Archäologen Mühlsteinfragmente in der Erftaue gefunden haben - unklar ist allerdings, ob sich eine Mühle tatsächlich an der Stelle, an der das Schlossbad stand, befunden haben könnte. Viele der einzelnen Fundstücke - darunter auch ein spitzes Werkzeug aus der Mittelsteinzeit, das aus der Zeit zwischen 10.000 und 6000 vor Christus stammen soll - könnten auch flussaufwärts in die Erft gespült worden sein.

Anhand zahlreicher Hölzer, die die Fachleute bei den ein Jahr andauernden Grabungsarbeiten gefunden haben, lässt sich allerdings mit Sicherheit sagen: An der Stelle, an der sich das alte Schlossbad befand, hatte bereits um das Jahr 1300 ein Gebäude gestanden. "Wir können jedoch nicht mit Sicherheit sagen, um welche Art von Gebäude es sich gehandelt haben muss", verdeutlichte Archäologe Horst Husmann bei dem Vortrag.

In die Erde gerammte Holzpfähle deuteten etwa auf eine Uferbefestigung hin - viele der Hölzer fanden die Spezialisten allerdings geknickt vor. "Wir gehen davon aus, dass das, was an der Erftaue stand, von einer wuchtigen Flutwelle zerstört wurde, die von Nordosten kam." Welchem Flutereignis das Gebäude dort zum Opfer gefallen sein könnte, steht nicht fest. Husmann und seine Kollegin wollen jedoch nicht ausschließen, dass es sich um die berüchtigte Magdalenenflut 1342 gehandelt haben könnte - eine der größten Hochwasser-Katastrophen des vergangenen Jahrtausends.

Die beiden Fachleute gerieten bei ihrer Präsentation vor Grevenbroicher Publikum jedenfalls regelrecht ins Schwärmen: Von einem "wunderbaren" Fundstück berichtete Andrea Beck etwa mit Blick auf eine fast vollständig erhaltene, bemalte Keramik-Kanne aus dem Spätmittelalter.

(cka)
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