Grevenbroich Spuren jüdischer Schicksale

Grevenbroich · Hertha Aussem aus Grevenbroich war eine jüdische Jugendliche, die im KZ umkam. Ihr Schicksal wird im "Zug der Erinnerung" gezeigt, der im März in Grevenbroich und Neuss hält. Der Geschichtsverein stellt neue Ergebnisse vor.

 Der "Zug der Erinnerung" — hier beim Halt in Köln — ist im März in Grevenbroich und Neuss zu besichtigen.

Der "Zug der Erinnerung" — hier beim Halt in Köln — ist im März in Grevenbroich und Neuss zu besichtigen.

Foto: NGZ

Es war eine Fahrt in den Tod: 1,5 Millionen jüdische Kinder und Jugendliche wurden von den Nationalsozialisten deportiert und vergast. Etwa 13 Opfer stammen aus Grevenbroich, so die aktuellen Forschungsergebnisse des Arbeitskreises Judentum. Das Schicksal von Hertha Aussem (17) aus Hemmerden ist durch den "Zug der Erinnerung" bekanntgeworden. Eine kurze Biografie, ein Familienfoto von einem Bootsausflug, die letzte Karte an ihre christliche Freundin Netty, die Hertha aus dem Zug werfen konnte, sind in der Ausstellung zu sehen: Mitte März an zwei Tagen in Grevenbroich, und an zwei Tagen in Neuss.

 Die Ausstellung zeigt die letzte Karte von Hertha Aussem.

Die Ausstellung zeigt die letzte Karte von Hertha Aussem.

Foto: NGZ

"Den Opfern und den Kindern ein Gesicht geben" — das waren die Motive von Ulrich Clancett, Regionaldekan für Mönchengladbach aus Jüchen, sich für das Projekt "Zug der Erinnerung" und Haltestellen im Rhein-Kreis Neuss stark zu machen. Was ihm und anderen Unterstützern gelungen ist: Nach dem Start am 10. März in Mönchengladbach hält der Zug am 16./17. März in Grevenbroich und am 18./19. März in Neuss. Etwa 4000 Euro kostet ein Tag Aufenthalt der Ausstellung. "Ende 2010 waren die Ausgaben zur Hälfte von einem Aktionsbündnis aus Kirchen, Parteien und Institutionen finanziert", so Martin Kresse vom Katholikenrat.

 Sie war mit ihrer Familie aus Grevenbroich geflohen. Fotos K.N.

Sie war mit ihrer Familie aus Grevenbroich geflohen. Fotos K.N.

Foto: NGZ

Warum die Präsentation wichtig ist: "Sie hilft eine Erinnerungskultur lebendig zu halten, denn es gibt immer weniger Zeitzeugen", betont Kresse. Deshalb sind Schulen und Jugendverbände zum kostenfreien Besuch eingeladen.

Dort werden die Schüler Hertha Aussem begegnen können, die hoffnungsvoll an "ihr liebstes Nettchen" schrieb: "Wir sind voll guter Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen in unserem geliebten, kleinen Holland. Leb wohl, ein Kuss. Hertha". Eine unerfüllte Hoffnung, denn Hertha — wie auch ihre ältere Schwester Anna und ihr Vater Jakob — wurden direkt nach ihrer Ankunft am 17. September 1943 in Auschwitz umgebracht.

Das Schicksal der Familie Aussem, die von Hemmerden nach Holland flüchtete, ist bekannt. Das Schicksal von anderen jüdischen Kindern und Jugendlichen weniger. Das will der Arbeitskreis Judentum um Ulrich Herlitz ändern. "Wir bereiten eine Ausstellung und ein Rahmenprogramm vor", erläutert Herlitz. Ihre Forschungen in historischen Quellen beantworten etwa Fragen nach Margot (sie war 1943 16 Jahre alt) und Ernst Heinemann (damals zwölf), deren Vater ein Textilwarengeschäft auf der Breite Straße betrieb. Oder nach Hannelore Rübeck, die kurz nach ihrem fünften Geburtstag mit ihrer Mutter Sabine von Hemmerden nach Riga verschleppt wurde.

(NGZ)
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