Schmerztherapie als Problem Seniorenheime als Zuhause ansehen

Schmerztherapie als Problem · Während die High-Tech-Medizin fast täglich von sensationellen erfolgen berichten kann, ist die Schmerztherapie in Deutschland immer noch ein Stiefkind. "Vor allen Dingen ältere Patienten werden von den meisten Ärzten etwas nachlässig behandelt", erklärt Professor Winfried Rief von der Universität Marburg. Oft mache man gar nichts oder verordne wahllos Schmerz- und Beruhigungsmittel. Sie informierten am Montag im Seniorenzentrum Lindenhof über Schmerztherapien (v.l.) Helga Weiss, Bärbel Kremers-Gerards, Kathi Hambloch, Franz-Josef Laermanns, Renate Spielhofen und Marion Huss. NGZ-Foto: L. Berns -->

Während die High-Tech-Medizin fast täglich von sensationellen erfolgen berichten kann, ist die Schmerztherapie in Deutschland immer noch ein Stiefkind. "Vor allen Dingen ältere Patienten werden von den meisten Ärzten etwas nachlässig behandelt", erklärt Professor Winfried Rief von der Universität Marburg. Oft mache man gar nichts oder verordne wahllos Schmerz- und Beruhigungsmittel. Sie informierten am Montag im Seniorenzentrum Lindenhof über Schmerztherapien (v.l.) Helga Weiss, Bärbel Kremers-Gerards, Kathi Hambloch, Franz-Josef Laermanns, Renate Spielhofen und Marion Huss. NGZ-Foto: L. Berns -->

Fatal in diesem Zusammmenhang: Weniger als fünf Prozent der Schmerzpatienten erhalten - so der Universitätsprofessors für psychosomatische Erkrankungen - überhaupt eine adäquate Behandlung. Diese Erfahrung machen auch die fünf Alten- und Pflegeheime in Grevenbroich. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Seniorenheim "Lindenhof" beschäftigten sich die Heimleiter deshalb mit dem Thema Schmerztherapie. "Die Erkrankungen ändern sich", berichtet Katharina Hambloch vom Albert-Schweitzer-Haus. Die Bewohner kommen immer später in die Heime.

Hintergrund: Der medizinische Dienst möchte die alten Menschen länger in ihrer häuslichen Umgebung lassen. "So ist auch die Verweildauer nicht mehr so lang", erklärt Hambloch. Auch immer mehr Demenzkranke seien unter den Bewohnern. Durch diese veränderte Struktur fühlen sich die Pflegeheime inzwischen ehr als Erweiterung der Hospize denn als Heimat ihrer Bewohner. "Nach einigen Wochen", so die Erfahrung von Franz-Josef Laermanns vom Albert-Schweitzer-Haus, "fühlen sich die Senioren bei uns zu Hause." Dies sei aber nur möglich, wenn sie rechtzeitig kommen, ohne schwere Krankheiten wie Altersverwirrtheit.

Gründe genug, für die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Alten- und Pflegeheime, jetzt Alarm zu schlagen. Denn viele ihrer Bewohner, kommen mit den unterschiedlichsten Erkrankungen in die Heime. "Wenn sie überhaupt in der Lage sind, ihre Schmerzen zu artikulieren - Demenzkranke sind meist dazu nicht fähig - geschieht es häufig, dass durch oral verabreichte Schmerzmittel Magenprobleme auftauchen können", so die Erfahrung von Marion Huss vom Caritas-Haus St. Barbara. Außerdem zeigten die Schmerzmittel nach einer gewissen Zeit keine Wirkung mehr. Die Hausärzte verordneten darüber hinaus nur sehr zurückhaltend Morphinpräparate, weil sie eine Sucht befürchten und auch Sorge haben, mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt zu kommen.

Die Pflegekräfte selbst erkennen zwar häufig die Not der Schmerzkranken, hätten aber ohne die Hausärzte keine Handlungsmöglichkeit. Franz-Josef Laermanns beschreibt die Arbeitssituation des Pflegepersonals als schwierig: "Die Pfleger können sich nicht mehr so intensiv um die Patienten kümmern und gerade Demenzkranke brauchen viel Aufmerksamkeit und Zeit." Dass Handlungsbedarf zum Thema Schmerztherapie besteht, darüber sind sich die Heimleiter Barbara Kremers Gerads (Seniorenzentrum Lindenhof), Franz-Josef Laermanns und Katharina Hambloch (Albert-Schweitzer-Haus) Marion Huss vom Caritas-Haus St. Barbara, Renate Spielhofen (Altenheim St. Josef) und Jutta Pieler (Altenheim St. Andreas, Kloster Langwaden) einig. Ihr gemeinsamer Wunsch: Über die Öffentlichkeit die Ärzte und Pflegekräfte sensibilisieren, aber auch Angehörige sollen auf die Thematik hingewiesen werden.

Jutta Pieler und Prior Basilius sind denn auch Gastgeber für einen Vortrag zum Thema. Am Mittwoch nächster Woche, 27. Februar, wird der Grevenbroicher Arzt Dr. Theo Schilling über "Schmerztherapie für chronisch Kranke" referieren. Das Referat ist auf 19 Uhr im Stefanussaal von Kloster Langwaden terminiert. Der Seniorenbeirat hat die Patenschaft für den Vortrag übernommen. Beiratsvorsitzende Helga Weiss machte sich denn auch für eine nicht zu späte Heimunterbringung von Senioren stark: "Lieber mit Freuden die Familienmitglieder im Heim besuchen, als sie mit Hass zu Hause pflegen." M. H-L

(NGZ)
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