Segelfliegen Aero-Club Grevenbroich-Neuss im Aufwind

Gustorf · Am Wochenende nutzten die Piloten das schöne Sommerwetter, um auf der Gustorfer Höhe mit ihren Segelfliegern zu starten. Wegen der Corona-Krise konnten sie ihre Saison erst später starten.

 Auf der Gustorfer Höhe starteten die Segelflieger am Wochenende fast im Viertelstunden-Takt.

Auf der Gustorfer Höhe starteten die Segelflieger am Wochenende fast im Viertelstunden-Takt.

Foto: Andreas Woitschützke

Auch der Aero-Club Grevenbroich-Neuss konnte wegen der Corona-Pandemie seinen Flugbetrieb auf der großzügig angelegten Gustorfer Höhe in dieser Saison erst um Monate verspätet aufnehmen. Normal startet die Sommersaison Ende März, in diesem Jahr war erst Anfang Mai durch die NRW-Lockerungen wieder ein fast normaler Flugalltag wieder möglich.

Weitere Einschränkungen gelten aber noch: So dürfen Gäste auf eine Segelflug-Runde noch nicht mitgenommen werden, und das Besucherwochenende im September, bei dem in den vergangenen Jahren mehr als 1000 Schaulustige zum 88 Meter (über dem Meeresspiegel) gelegenen Hochplateau nahe Gustorf pilgerten, ist auch abgesagt.

Gleichwohl herrschte am vergangenen Wochenende lebhafter Flugbetrieb, die Segler starteten fast im Viertelstundentakt. Rund 60 aktive und ebenso viele passive Mitglieder hat die Segelflug-Abteilung des Aero-Clubs in allen Altersstufen, vornehmlich aus dem gesamten Rhein-Kreis Neuss, aber auch aus dem Kreis Viersen. Das reicht vom 13-jährigen Flugschüler bis zum Vereinspräsidenten Norbert Diekneite (73). Vorsitzender der Segelflug-Abteilung ist seit gut einem Jahr Martin Lonien (29), der auch beruflich Pilot bei der Deutschen Lufthansa ist. Er frönt seit seinem 14. Lebensjahr dem Hobby „Segelflug“ und empfiehlt: „Wer Pilot werden möchte, sollte unbedingt mit dem Segelflug anfangen, hier spürt man noch richtig die Luft, wie die Vögel.“ Allerdings sei diese Leidenschaft ein „Fulltime-Hobby“, für Tennis oder Fußball bleibe keine Zeit übrig. „Man braucht immer eine Mannschaft, um in die Luft zu kommen, und auch die Winterhalbjahre sind an den Wochenenden ausgefüllt mit Wartungsarbeiten an den Flugzeugen, den Fahrzeugen, Winden und Vereinsheim“, sagt der Vorsitzende.

 Im rot-weiß-karierten Startwagen hält Leiter Hans-Gerd Philipsen Kontakt zur Winde.

Im rot-weiß-karierten Startwagen hält Leiter Hans-Gerd Philipsen Kontakt zur Winde.

Foto: Hansgeorg Marzinkowski

Sechs Flugzeuge gehören dem Verein, vom „ASK 13“, das seit 1969 gebaut wird und beim Aero-Club vornehmlich als Ausbildungsflugzeug eingesetzt wird, über den starken Streckenflieger „Discus CS“ bis zum leistungsstarken Doppelsitzer „Janus C“. Er ist mit 20 Metern Spannweite die größte Maschine im Verein. Zudem verfügt der „Janus C“ über die Auftriebshilfe „Wölbklappen“. Mit ihnen kann man ähnlich wie beim Auto für jede Geschwindigkeit den richtigen Gang wählen.

Die Flugzeuge werden auf der Gustorfer Höhe mit einer modernen Elektrowinde (ESW-2B von Drivetron) gestartet. Das ist nicht nur höchst positiv im Hinblick auf Schadstoff-Emissionen, sondern minimiert auch die Startkosten, da die Gustorfer mit Photovoltaikanlagen auf den Flugzeughallen Selbstversorger sind. Die 250 PS-starke Elektrowinde leistet Beachtliches: Nachdem das 1.000 Meter lange Seil gestrafft und eingeklinkt ist und die Startfreigabe erfolgte – die Kommunikation zwischen Startstelle und Winde wird per Telefon geführt –, beschleunigt das Seil auch den Doppelsitzer in drei bis vier Sekunden von 0 auf 100 und zieht ihn bei steilem Steigwinkel in wenigen Sekunden auf 400 Meter Höhe. Dann wird das Seil ausgeklinkt und schwebt am Fallschirm gemächlich zum Boden. Bei guter Thermik kann das Flugzeug auf bis zu 2000 Meter Höhe steigen.

In die Ausbildung investiert der Klub erheblich. Sieben Fluglehrer unterrichten im Verein, der jüngste ist Andreas Krimmer (37), Maschinenbauingenieur am Forschungszentrum Jülich. Er besitzt seit Mai 2017 die Lizenz zur Segelflugausbildung. Die Eleven müssen drei praktische Ausbildungsphasen absolvieren, hinzu kommt Theorie in Meteorologie, Navigation, Aerodynamik, Luftrecht und Technik. Am Ende steht der „Privatpilot für Segelflugzeuge“. Für Jason Rother (14), der am Samstag überhaupt erst seinen zweiten Flug, mit seinem Lehrer Günter Keser (69), absolvierte, steht jetzt schon fest: „Das ist ein faszinierendes Hobby, da bleibe ich dabei!“ Natürlich konnte er mit dem Variometer, der anzeigt, ob das Flugzeug sinkt oder steigt, mit dem Fahrtmesser (Geschwindigkeit) und dem Höhenmesser bereits sicher umgehen. Die nächsten zwei Wochenenden ruht der Flugbetrieb auf der Gustorfer Höhe. Gut 20 Mitglieder werden mit allen Flugzeugen ein Fluglager im Harz beziehen.

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