Grevenbroich Schüler setzen jüdisches Leben in Szene

Grevenbroich · Die Gesamtschüler der Projektgruppe "KKG - Gegen das Vergessen" und der Geschichtsverein Grevenbroich arbeiten künftig enger zusammen. Zum Auftakt der Kooperation wurden die Jugendlichen mit Künstler Gereon Riedel kreativ.

 Mit Graphit machen Nivetha Kulendran (l.) und Anika Habermann die Inschrift auf dem jüdischen Friedhof Stadtmitte sichtbar. Unterstützt werden sie von KKG-Projektbetreuer Reinhold Stieber und Ulrich Herlitz (r.) vom Geschichtsverein.

Mit Graphit machen Nivetha Kulendran (l.) und Anika Habermann die Inschrift auf dem jüdischen Friedhof Stadtmitte sichtbar. Unterstützt werden sie von KKG-Projektbetreuer Reinhold Stieber und Ulrich Herlitz (r.) vom Geschichtsverein.

Foto: jn

Strich für Strich gibt der Grabstein auf dem jüdischen Friedhof Stadtmitte seine Inschrift preis. Vorsichtig streichen Anika Habermann und Nivetha Kulendran den Graphitstift über das Transparentpapier. Mit Respekt nähern sich die Abiturientinnen der Gedenkstätte von Hermann Meier Joseph aus Hülchrath. "Die Perspektive verändert sich", sagt Nivetha Kulendran. "Die Geschichte wird real, Schicksale greifbarer". Seit 2011 engagiert sich die angehende Studentin in der Projektgruppe "KKG - Gegen das Vergessen" der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule.

Dank der Jugendlichen aus den Jahrgangsstufen 10 bis 13 sowie ehemaligen Schülern ist der jüdische Friedhof Stadtmitte wieder begehbar. Als Paten pflegen die Gesamtschüler das Umfeld der Grabsteine und erläutern diese während Führungen. "Das ist uns eine Herzenangelegenheit - ebenso dass wir jährlich ein Zeichen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus setzen und an die Pogromnacht von 1938 erinnern", erklärt Anika Habermann.

Unterstützung erhält die Projektgruppe "KKG - Gegen das Vergessen", die von Lehrer Thomas Jentjens und Reinhold Stieber betreut wird, ab sofort vom Geschichtsverein Grevenbroich. "Das Engagement der Jugendlichen ist vorbildlich, ihr Projekt nachhaltig und es wird von der gesamten Schule getragen - das ist in Grevenbroich einzigartig", sagt Ulrich Herlitz vom Arbeitskreis Judentum. Mit dem Grevenbroicher Künstler Gereon Riedel macht der Geschichtsverein jüdisches Leben in Grevenbroich für die Gesamtschüler nun erfahrbar.

Unter dem Motto "Denk' mal" nehmen die Jugendlichen unter Anleitung von Gereon Riedel auf dem jüdischen Friedhof Stadtmitte Abdrücke von Grabmälern und Inschriften. "Es geht darum, Berührungsängste abzubauen und sich auf eine andere Art mit der deutsch-jüdischen Symbiose und Kultur zu beschäftigen", erläutert Herlitz.

Gereon Riedel tut dies mit seinen jüngsten Arbeiten. Sein Werkzeug erinnert an die jüdische Tradierung der Thora, die Buchstabe für Buchstabe, eins zu eins vervielfältigt wird. Dazu verwendet der Künstler verschiedene Arten von Papier, Aluminiumfolie oder Vlies. Mit Graphitstiften, Kohle oder einem Pinsel wandern Ornamente, Symbole und Namen vom Grabstein auf das jeweilige Trägermaterial. "Ich nehme etwas ab und setze es neu in Szene", erklärt Gereon Riedel. Dabei experimentiert der Künstler mit unterschiedlichen Werkstoffen, wie Holz oder Beton, und schafft Kunstwerke, die einen Blick zurück auf die Historie und in die Zukunft ermöglichen. In Riedels Atelier können die Gesamtschüler bald ihre eigenen Werke erschaffen: "Ich möchte, dass die Jugendlichen kreativ werden und sich einen neuen Blickwinkel erarbeiten."

Das Kunstprojekt "Denk' mal" steht übrigens allen interessierten Jugendlichen und Schulklassen der Schlossstadt offen. "Für unsere Projektgruppe ist es der Startschuss für eine engere Zusammenarbeit mit dem Geschichtsverein", sagt Lehrer Thomas Jentjens von der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule. Diese wird bereits am 9. November während der Gedenkfeier auf dem Synagogenplatz fortgesetzt. Und auch an der Gedenktafel für den jüdischen Friedhof Stadtmitte soll künftig gemeinsam gearbeitet werden.

(jn)
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