Grevenbroich Sagenhaftes Grevenbroich

Grevenbroich · Ein kleines Heftchen bündelt "Sagen und Erzählungen aus Grevenbroich". Autorin Christina Fassbender bediente sich bei Vincenz von Zuccalmaglio und wurde auch im Heimatbuch des Kreises Grevenbroich von 1925 fündig.

Erzählungen verbinden. Sie stiften Identität. Wer gemeinsame Geschichte(n) kennt, fühlt sich verstanden, am richtigen Platz. Dies kann im Großen geschehen; wenn das "Wunder von Bern" eine zweifelnde, sich selbst scheuende Nation im kollektiven Freudentaumel vereint. Vielmehr noch geschieht es aber im ganz Kleinen; wo sagenhafte Geschichten die Kinder staunen machen und das Wissen um besondere Orte von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Mit dem kleinen Heft "Sagen und Erzählungen aus Grevenbroich" will Christina Fassbender, Redakteurin beim "Stattblatt" und studierte Germanistin, diese Tradition bewahren. Ein Erbstück der Familie brachte die 29-Jährige auf die Spur sagenhafter Erzählungen wie der vom "Wunderschäfer aus Neurath".

Das "Heimatbuch des Kreises Grevenbroich" von 1925 führt diese Geschichten neben Schilderungen des bürgerlichen Alltags. "Ich war völlig fasziniert von den Sagen, fand es unheimlich spannend, die Geschichte meiner Heimatstadt aus einem eher märchenhaften Blickwinkel zu betrachten", erzählt Fassbender. Fast alles war ihr unbekannt. Fast alles fand sie spannend genug, um es neu aufzuschreiben.

Wo das Kreisbuch nicht reichte, wurde die Journalistin in den Werken von Vinzenz von Zuccalmaglio fündig. Der schrieb bereits 1870 auf, was "Die Vorzeit" für die Menschen des 19. Jahrhunderts an Wissen und Geschichten bereit hielt. "Die Ausgangssituation ist durchaus vergleichbar", sagt Thomas Wolff, Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stadt Grevenbroich. "Zuccalmaglio wollte bewahren, wollte Traditionen und Geschichten der Region für die Nachwelt erhalten", erklärt Wolff.

Bürgermeisterin Ursula Kwasny hat das Heft gestern Abend an Gäste des Neujahrsempfangs verteilt. "Schließlich passt diese Sammlung gut zu unserer 700-jährigen Stadtgeschichte." Sie selbst, Jahrgang 1952, bekam die Sagen noch in wöchentlichen Dosen verabreicht. "Wir hatten ja Heimatkunde in der Schule. Einige Geschichten kann ich nun wieder auffrischen."

Wie jene der Gräfin von Hostaden. Eine "gar milde, fromme, allbeliebte Frau". Als feindliche Truppen die Burg auf der "Hoisterknupp" belagerten und dem Grafen nach dem Leben trachteten, bediente sich die Gräfin einer List. Sie "erwirkte im Kriegsrate die Vergünstigung, dass sie mit ihren wertvollsten Schätzen, soviel sie davon zu tragen vermöchte, abziehen könne". Die feindlichen Truppen staunten nicht schlecht, als die Gräfin ihren Mann auf dem Rücken aus dem Schloss trug. "Wo so etwas passiert ist, bin ich gerne zu Hause", sagt Christina Fassbender.

(NGZ/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort