Grevenbroich Rehabilitation für "Hexen"?

Grevenbroich · In Hülchrath und Elsen wurden im 17. Jahrhundert viele Frauen wegen angeblicher Hexerei gefoltert und getötet. 400 Jahre später sollen die unschuldigen Opfer rehabilitiert werden. Dafür machen sich die Bündnisgrünen stark.

Grevenbroich: Rehabilitation für "Hexen"?
Foto: Hans-Jürgen Bauer

Der Fall Cordula Heins zählt zu den schockierenden Kapiteln der Heimatgeschichte. Die 80 Jahre alte Witwe aus Fürth wurde der Hexerei angeklagt, nach ihren auf Schloss Dyck erlittenen Folterqualen gestand die reiche Gutsbesitzerin, "Umgang mit dem Teufel" gehabt zu haben. Ihr Sohn bat im Dezember 1590 vergeblich darum, seine Mutter mit dem Schwert hinrichten zu lassen — die Greisin wurde bei lebendigem Leib verbrannt.

Die "Hexe von Fürth" war kein Einzelfall auf dem Gebiet der heutigen Stadt. In Hülchrath wurden zwischen 1629 und 1630 alleine 15 Frauen umgebracht, sie verbrannten auf den Scheiterhaufen, ertranken bei der Wasserprobe oder wurden auf der Specker Wiese aufgeknüpft. "Die meisten Opfer stammten aus Hülchrath oder Neukirchen", hat der Heimatforscher Christian Wiltsch recherchiert.

Jahrhunderte nach ihrer Verfolgung werden die angeblichen Hexen nun ein Fall für die Politik. In Köln kämpft der evangelische Pfarrer Hartmut Hegeler für eine Rehabilitierung der unschuldig verurteilten Frauen, in Düsseldorf ist es der historisch interessierte Bürger Andreas Vogt. Beide wollen mit ihren Initiativen ein Zeichen setzen: Derartige Verbrechen und Gewalt gegen Menschen dürfen sich nicht wiederholen. Auch in Grevenbroich soll das nun thematisiert werden.

"Bemühungen wie die in Köln und Düsseldorf unterstützen wir", erklärt Dieter Dorok von den Grünen: "Es ist wichtig, die Vergangenheit dieser Menschen aufzuarbeiten, die zu Geständnissen gezwungen und zu unrecht ermordet wurden." Eine Rehabilitierung etwa der Fürtherin Cordula Heins hält er für wichtig: "Auch, um damit Schülern einen Anstoß zu geben, diese Prozesse aufzuarbeiten." Dieter Dorok schließt nicht aus, dass seine Fraktion einen entsprechenden Antrag für den Rat formulieren wird.

Auch im Rathaus wird die Diskussion aufmerksam verfolgt: "Eine Rehabilitation der unschuldigen Opfer von Hexenverfolgungen halte ich für einen moralisch notwendigen Akt der Erinnerung und Versöhnung", meint Rebecca Ende von der Gleichstellungsstelle. "Aus heutiger Sicht sei klar, dass ein Mensch nicht mit ,Zauberei' Wetterkatastrophen oder Krankheiten herbeiführen könne. Werden die Opfer nicht rehabilitiert, so gelten sie weiter als schuldig", so Ende.

Auch im 21. Jahrhundert würden noch Frauen und Männer in vielen Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Südostasiens wegen angeblicher "Zauberei" verfolgt. "Vor diesem Hintergrund kann mit der Rehabilitation der Opfer der Hexenverfolgung ein wichtiges Signal in die richtige Richtung gesetzt werden", meint Rebecca Ende.

(NGZ)
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