Grevenbroich Puppen-Service mit Szenen aus dem Krieg

Grevenbroich · Anne Franke aus Mühlrath erzählt die Geschichte des Service mit Kriegsmotiven, das ihrer Mutter im Ersten Weltkrieg geschenkt wurde.

 Das Service mit Motiven zum Krieg stand 22 Jahre lang unbeachtet im Schrank. Anne Franke hat als Kind selbst damit gespielt.

Das Service mit Motiven zum Krieg stand 22 Jahre lang unbeachtet im Schrank. Anne Franke hat als Kind selbst damit gespielt.

Foto: lothar berns

Wirklich glücklich sehen weder die drei Kinder noch das Elternpaar auf dem Foto aus. Der Vater, ein Polizist, sollte als Soldat für den Krieg einberufen werden, der Abschied fiel schwer. Die alte Schwarz/Weiß-Aufnahme hat Anne Franke aus Mühlrath gut verwahrt: Es war ihr Großvater, der dann doch nicht an die Front ziehen musste, in der Heimat seinen Dienst verrichten konnte. Anne Franke hat aber noch mehr als das Foto aus der Zeit vor rund 100 Jahren aufbewahrt: "Von damals stammt auch das Puppenservice. Meine Mutter, als kleines Mädchen auf dem Bild zu sehen, muss es kurz nach Aufnahme des Familienfotos geschenkt bekommen haben", schildert sie.

98 Jahre später fördert sie das sechsteilige Spielzeug-Service zutage, nachdem es 22 Jahre lang unbeachtet und fast vergessen in einem Schrank stand.

Ungewöhnlich sind die Motive auf dem Porzellan: Sie handeln vom Krieg. "Vom Orden bis hin zur Kanone oder zu Kindern, die Krieg spielen, ist alles dabei", erklärt Franke. Das Puppenservice sollte schon den Kleinsten im Ersten Weltkrieg das Kriegsgeschehen spielerisch näher bringen. Auf der großen Kaffeekanne ist eine Art Marktsituation zu sehen, abgedruckt sind darauf ausschließlich Kinder. "Die Jungen spielen darauf Soldaten, ein Besenstiel dient als Gewehr", beschreibt Anne Franke das Bild auf dem weißen Porzellan.

1992 hatte sie das Service von ihrer Mutter geerbt. "Zwischenzeitlich habe auch ich als Kind damit gespielt. Meine Mutter hat es all die Jahre verwahrt", sagt die Mühlratherin. Wie das Puppenservice ohne jeden Makel zwei Weltkriege überstehen konnte, das kann sie sich auch nicht erklären. "Eigentlich waren unsere Häuser im Zweiten Weltkrieg völlig zerbombt. Meine Mutter muss das Service gut verstaut haben, so dass es bei den Erschütterungen nicht zu Bruch gegangen ist", sagt die gebürtige Düsseldorferin, die selbst im Zweiten Weltkrieg aufgewachsen ist.

"Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als wir Mädchen mit dem Service gespielt haben", sagt Franke, die seit 38 Jahren in Mühlrath lebt und dort gemeinsam mit ihrem Mann eine Praxis betreibt. "Da war es völlig normal, dass auch das Spielzeug etwas mit dem Krieg zu tun hatte", sagt sie.

Als Kriegs-Spielzeug wahrgenommen hat Anne Franke das Service aber erst viel später: "Als ich selbst Kinder bekommen habe, ist mir bewusst geworden, dass das Service inzwischen an historischem Wert gewonnen haben könnte", sagt die Psychologin. Ohnehin hätten ihre Kinder — wegen der Kriegsmotive — nicht gerne mit dem Service gespielt.

Sechs Tassen, sechs Untertassen, ein Milchkännchen, zwei Kaffeekannen — und eine "Kriegszuckerdose" mit der Gravierung 1916/17 belegen das Alter des Service. "100 Jahre ist der Ausbruch des Ersten Weltkrieges nun her. Ich finde, das ist ein guter Zeitpunkt, die alten Gegenstände dieser Zeit zu zeigen", sagt Anne Franke. Das Kriegs-Service will sie jedenfalls sorgfältig aufbewahren. Schließlich ist es seit fast 100 Jahren im Besitz ihrer Familie.

(cka)
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