Grevenbroich Prozess um Awo-Finanzskandal geplatzt

Grevenbroich · Am Mönchengladbacher Landgericht ist der Berufungs-Prozess gegen den früheren Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt im Rhein-Kreis Neuss geplatzt. Der 61-jährige Ulrich Braeuer sollte sich eigentlich in zweiter Instanz wegen Untreue in großem Stil verantworten

 Ulrich Braeuer beim ersten Prozess 2007.

Ulrich Braeuer beim ersten Prozess 2007.

Foto: NGZ

Amtsärzte des Rhein-Kreises Neuss hatten ihn jedoch unmittelbar vor Prozessbeginn untersucht und eine fortschreitende Altersdemenz und Alzheimer festgestellt. Der ehemalige Kreistagsabgeordnete lebt bereits in einem Heim.

Laut Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach aus dem Jahre 2007 hatte der frühere Grevenbroicher SPD-Ratsherr zwischen 1997 und 2002 in seiner Funktion als AWO-Geschäftsführer mehr als 400.000 Euro auf sein Privatkonto verschoben. Obendrein hatte er sich Urlaubsreisen auf AWO-Kosten gegönnt und seiner längst in Rente befindlichen Mutter ein monatliches Gehalt verschafft.

Das Gericht hatte ihn aufgrund dessen zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Da Braeuer dagegen Berufung eingelegt hatte, hatte er die Strafe nie antreten müssen. "Jetzt wird er wohl komplett straffrei ausgehen", erklärte Landgerichts-Sprecher Joachim Banke gestern nach dem Abbruch des Verfahrens, "es handelt sich bei Demenz und Alzheimer um Krankheiten, bei denen keine Besserung zu erwarten ist. Der Angeklagte wird deshalb auf Dauer nicht verhandlungsfähig sein."

Die Staatsanwaltschaft behielt es sich am Dienstag vor, einen eigenen Experten noch einmal mit einer Untersuchung des Angeklagten zu beauftragen. In dem Gutachten der Kreis-Amtsärzte heißt es allerdings, dass es keine Anzeichen für eine Vortäuschung der Krankheiten gebe. "Von daher müssen wir davon ausgehen, dass wir den Fall zu den Akten legen müssen, wenn sich das Gutachten als richtig erweist", so der zuständige Richter Frank Rosso.

Durch die mutmaßlichen Machenschaften des Angeklagten war die Arbeiterwohlfahrt im Rhein-Kreis Neuss 2002 in eine erhebliche finanzielle Schieflage geraten. Ein Seniorenheim musste vom Kreis übernommen werden, zwei AWO-Kindergärten wurden von der Stadt Grevenbroich vor der Schließung bewahrt. Nach seinem Rauswurf nach 27 Jahren bei der AWO im Februar 2002 hatte Ulrich Braeuer auch alle politischen Ämter bei der SPD niedergelegt.

(DDP)
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