Grevenbroich Öl Schäfer: Warten auf Prozess

Grevenbroich · Seit fast drei Jahren steht "Öl Schäfer" im Visier der Behörden. Obwohl seit Mai die Anklage gegen die Firma vorliegt, ist von einem Prozess keine Rede. Im Gegenteil: Am Landgericht Krefeld entwickelt sich der Fall zur Posse.

Eine überraschende Auskunft des Landgerichts Krefeld: "Wir prüfen gerade, ob wir überhaupt zuständig sind. Deshalb wurde auch noch nicht über eine Zulassung der Anklage entschieden", so Sprecher Tim Buschfort gestern. Es sei fraglich, ob man für die Anklage im Fall "Schäfer" der richtige Adressat sei — schließlich seien die mutmaßlichen Straftaten nicht in Krefeld, sondern vorwiegend im Kreis Neuss begangen worden. Dafür seien die Landgerichte Mönchengladbach oder Düsseldorf zuständig.

Die Staatsanwaltschaft Krefeld hatte vor drei Jahren die Ermittlungen aufgenommen, weil für die mutmaßlichen Steuervergehen im Fall "Schäfer" das Hauptzollamt Krefeld zuständig war. "Deshalb waren wir beteiligt und haben dann auch Anklage zum Landgericht Krefeld erhoben", so Hans-Dieter Menden, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Sollte das Landgericht Krefeld sich aber für den Fall nicht zuständig erklären, würde dies eine weitere erhebliche Verzögerung bei der Aufarbeitung der Vorwürfe im Fall "Schäfer" zur Folge haben.

Ärgerlich vor allem für die Angeklagten und ihr Unternehmen — sie wollen vor Gericht beweisen, dass sie weder Kunden betrogen noch 2,7 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. "An den Vorwürfen gegen meinen Mandanten ist nichts dran", betont Anwalt Peter Wingerath gestern. Dies zeige unter anderem die lange Prüfdauer: "Ich gehe davon aus, dass das Verfahren nicht eröffnet wird." Bisher will die Staatsanwaltschaft fünf Tankwagen nicht freigeben — sie seien angeblich Beweismittel. Experten wollen hier so genannte "Reibachleitungen" gefunden haben, mit denen die Fahrer das verkaufte Öl angeblich heimlich in das Tankfahrzeug zurückführen konnten. Justizexperten fühlen sich an den Fall "AWO Braeuer" erinnert.

Hier hatte zunächst die Staatsanwaltschaft Düsseldorf 2004 Anklage beim Amtsgericht Neuss erhoben. Die Richter dort erklärten sich einige Monate später für "nicht zuständig", weil die Tatorte meist in Grevenbroich lagen. Anklage und Aktenordner "wanderten" zum Schöffengericht Mönchengladbach, dort begann im November 2006 der Prozess gegen Ulrich Braeuer. Der Ex-Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt wurde 2007 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die er aber nie verbüßen musste. Braeuer legte Berufung ein und wurde vor Prozessbeginn von Ärzten wegen einer Erkrankung für dauerhaft verhandlungsunfähig erklärt.

Eine Verzögerung droht auch Schäfer. Sollten die Krefelder Richter den Fall nach Düsseldorf oder Mönchengladbach verweisen, müsste sich die Justiz neu einarbeiten. "Auf ein langes und schwieriges Verfahren hat offenbar keiner Lust", heißt es aus Gerichtskreisen. Es dürfte noch Monate dauern, bis klar ist, ob überhaupt ein Verfahren gegen Schäfer beginnt.

(NGZ)
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