Grevenbroich Obama antwortet nicht

Grevenbroich · Gilverath Die Hoffnung bleibt. "Vielleicht trifft der Baum aus den USA noch Heiligabend ein", sagte Günter Pesch am Mittwoch. Doch ein wenig sei er doch enttäuscht: Der Kapellener Bäcker hatte sich für die Krippe in der Gilverather Friedenskapelle wieder etwas Besonderes ausgedacht. Schließlich besteht die Kapelle seit 20 Jahren, seitdem gibt es auch jedes Weihnachten eine Krippe. Günter Pesch und der Kapellener Jägerzug "Flotte Boschte" sind seit August bei der Arbeit.

 Heinrich Balven bei den letzten Vorbereitungen für heute: In der Krippe für die Gilverather Friedenskapelle sind in diesem Jahr viele Engel zu sehen.

Heinrich Balven bei den letzten Vorbereitungen für heute: In der Krippe für die Gilverather Friedenskapelle sind in diesem Jahr viele Engel zu sehen.

Foto: M. Reuter

"Wir haben an Michelle Obama, der Frau des US-Präsidenten, geschrieben mit der Bitte, uns einen Weihnachtsbaum für unsere Friedenskapelle zu schicken. Und die Töchter Malia Ann und Natasha sollten zwei Engel mitsenden", erzählt Pesch. "Barack Obama setzt sich sehr für den Frieden ein. Im Januar hätten wir den Tannenbaum vor der Kapelle gepflanzt, das wäre ein tolles Friedenszeichen gewesen", sagt Günter Pesch.

Vor etlichen Monaten hatte er den Brief ans Weiße Haus aufgesetzt. "Dass Barack Obama den Friedensnobelpreis bekam, war damals noch nicht bekannt. Georgina Schmitz, Tochter des ehemaligen Jüchener Bürgermeisters, hat das Schreiben übersetzt." Doch einen Baum oder eine Antwort aus Washington hat Pesch nicht erhalten — zumindest nicht bis gestern Abend.

Schade — aber die Krippe in der Friedenskapelle ist auch so sehenswert. Engel, wohin das Auge blickt. Engel mit Geigen, Trompeten und Harfen. Engel, die aus Dachgauben blicken, Engel auf dem Kirchturm. "Das Vorbild für ihn habe ich vor zwei Jahren beim Urlaub in Österreich gesehen. Der Kirchturm war auf einer Seite komplett mit Schindeln bedeckt. Er gefiel mir, und ich dachte gleich: ,So etwas müssen wir für die Krippe bauen'."

Jedes Jahr lässt sich der 61-Jährige etwas Neues einfallen, und oft ist ein besonderes "Schmankerl" dabei. Einmal ließ er Wasser vom See Genezareth einfliegen, ein anderes Mal entstand eine Beduinen-Krippe mit Zelten. Oder er bat Bürgermeister um die Zusendung einer Engelfigur aus ihrer Stadt. Im Jahr des 20-jährigen Bestehens der Kapelle dominieren nun die Engel erneut in großer Zahl. "Immer wieder kommen Menschen mit einer Figur für die Krippe ins Café. Zwei Frauen etwa brachten mir zwei Engel vom Dresdner Striezelmarkt mit."

Wie es anfing mit dem kleinen Gotteshaus? Anfang der 80er Jahre "planten wir eine Kapelle als Nachfolgerin für die ehemalige Gilverather Kirche", erzählt Pesch. Bei Festen wurde dafür Geld gesammelt. "Bei einem Luftballon-Wettbewerb 1987 flogen dabei 13 Ballons bis in die DDR. Drei der Finder — Rentner — durften daraufhin zu uns kommen." Der Kontakt gab den Anstoß, eine Friedenskapelle zu errichten, "in der die Menschen für den Frieden in der Welt beten können. Im September 1989, zwei Monate vor dem Fall der Mauer in Berlin, haben wir sie eingeweiht."

Seit damals gibt es jedes Jahr auch eine andere Krippe — auf einer Fläche von etwa 2,30 mal ein Meter. Der Kirchturm ist rund 1,80 Meter hoch. "Beim Bau sehe mit Kinderaugen. Ich überlege, wie sich Kinder eine Krippe wünschen — mit viel Licht, mit Schafen und Engeln", so Pesch.

Torsten Pesch, Zugführer und Neffe des Bäckers, holt eine Obstkiste hervor, "Aus solchen Kisten haben wir die Dachschindeln gefertigt." Und das Heu im Stall ist weit gereist: "Das stammt immer aus Oberstdorf", erklärt Günter Pesch.

Auch die Besucher kommen längst nicht nur aus Grevenbroich, sondern auch aus Dormagen und anderen Städten", erzählt Heinz Balven, er hält die Friedenskapelle als Hausmeister in Ordnung.

Jetzt ist die Krippe fertig, auf Knopfdruck erschallt Musik. "Wir sind Sand in Gottes Hand" ist beispielsweise zu hören. Heute können sich die Besucher das erste Mal die Krippe anschauen — ab 16.30 Uhr dürften nicht nur Kinderaugen leuchten.

(RP)
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