Grevenbroich Norddeutsche am Niederrhein

Grevenbroich · Kathrin Wappenschmidt, Leiterin des Kulturzentrums Sinsteden, sprach auf dem blauen NGZ-Sofa mit Redaktionsleiter Ludger Baten über die Kombination von Landwirtschaft und Kunst

Kathrin Wappenschmidt, Leiterin des Kulturzentrums Sinsteden, war zu Gast auf dem blauen NGZ-Sofa. Mit Redaktionsleiter Ludger Baten sprach sie über die ungewöhnliche Kombination von Landwirtschaft und Kunst.

Kathrin Wappenschmidt, Leiterin des Kulturzentrums Sinsteden, war zu Gast auf dem blauen NGZ-Sofa. Mit Redaktionsleiter Ludger Baten sprach sie über die ungewöhnliche Kombination von Landwirtschaft und Kunst.

Foto: M. reuter

Sie sind in Hamburg geboren, haben in der Schweiz gelebt, dann wieder in Hamburg und in Frankreich. Hätten Sie gedacht, dass es Sie irgendwann mal an den Niederrhein verschlägt?

Wappenschmidt Den Niederrhein hatte ich nicht wirklich auf dem Schirm. Das kam eher über meinen Ex-Mann. Allerdings, wenn man Kunstgeschichte studiert hat, und damit arbeiten möchte, sind Schleswig-Holstein und Hamburg kein so attraktives Pflaster, da es viele bedeutende Kunstsammlungen in NRW gibt.

Fühlen Sie sich als Norddeutsche?

Wappenschmidt Nein. Ich würde mich als Deutsche bezeichnen. Ich würde mich nicht auf eine Region festlegen wollen, da ich häufig umgezogen bin. Ich habe nicht so einen Heimatbezug, wie jemand der hier aufgewachsen ist und zum Beispiel durch den Schützenverein tief verwurzelt ist.

Was ist denn für Sie typisch niederrheinisch?

Wappenschmidt Charmant finde ich den rheinischen Dialekt und das Rübenkraut. Ich habe anfangs im Glehner Bure-Theater gesessen und kein Wort verstanden. Das war kurios. Aber es gibt auch eine starke religiöse Prägung hier.

Sind die Niederrheiner lockerer als die Menschen in anderen Landstrichen?

Wappenschmidt Ich denke, dass die Norddeutschen beispielsweise sehr mundfaul sind. Wenn man sich in Hamburg mit jemandem unterhält und der eine halbe Stunde nichts sagt, denken Rheinländer immer gleich, derjenige sei beleidigt. Aber das ist gar nicht so. Der Einstieg bei den Norddeutschen ist vielleicht schwieriger, aber sonst ist alles gleich.

Sie ahnen wahrscheinlich, dass ich auf das Museum der niederrheinischen Seele anspiele, das hier in Grevenbroich Anfang des kommenden Jahres eröffnet werden soll. Halten Sie das für sinnvoll?

Wappenschmidt Ich finde die Idee sehr gut. Vor allem, wenn man dadurch die hiesige Kultur fördert, eine eigene kulturelle Identität gegenüber anderen Landstrichen gewinnt. Und sich damit auch mit dem Niederrhein identifiziert.

Hat das Museum eine Chance?

Wappenschmidt Ich glaube sogar eine große. Weil die Menschen einen Bezug dazu haben.

Als Kunsthistorikerin haben Sie doch sicher nicht in erster Linie daran gedacht, mal ein Landwirtschaftsmuseum aufzubauen.

Wappenschmidt Nein, das habe ich sicher nicht. Das war ganz verrückt. Ich hatte zuerst eine kleine Stelle in Zons. Aber nachdem klar wurde, dass dort keine neue Stelle geschaffen würde, bin ich auf den Landrat Patt zugegangen und habe ihn auf die Rückriemhallen angesprochen. Einen Tag später hat er mich angerufen und ich hatte den Job.

Rückriemhallen und Landwirtschaftsmuseum. Wer kommt auf so eine Idee?

Wappenschmidt Das fing kurios an. Der Kreis entschied 1989, ein Landwirtschaftsmusuem zu eröffnen. Dann wurde gesucht: erst ein Hof, dann ein größerer Hof. Schließlich hat man in Sinsteden einen geeigneten Platz gefunden, der landwirtschaftlich genutzt wurde und in einem recht maroden Zustand war. Dann begann die Sanierung. Aber man hatte ja immer noch keine Sammlung. Zwei Mitarbeiter sind dann losgefahren und haben bei Landwirten nach Geräten als Leihgabe oder Schenkung gefragt. Sie haben ein gutes Gerät mitbekommen, mussten aber auch andere mitnehmen. Das Ende vom Lied war, dass die Halle schnell voll war und irgendwann der Brandschutz vor der Tür gestanden und gemeckert hat.

Wie kam Ulrich Rückriem dazu?

Wapenschmidt Das war viel später. Da hat auch das gute Kunsthändchen des Landrates Patt eine Rolle gespielt. Er hat Rückriem damals kennengelernt und ihm den Rhein-Kreis als Ausstellungsort angeboten. Die beiden sind durch den Kreis gefahren und haben nach dem geeigneten Platz gesucht, den sie schließlich bei uns gefunden haben. Das war der Beginn.

Wie sieht ihre Arbeit als Museumsleiterin in den Rückriemhallen aus?

Wappenschmidt In erster Linie bieten wir natürlich Führungen an. Wir wollen erhalten und konservieren. Aber natürlich auch vermitteln, was Rückriem mit seiner Kunst bewirken möchte. Wechselausstellungen zur modernen Kunst runden das Konzept ab.

Profitiert der Rhein-Kreis von den vielen ausländischen Ausstellungsbesuchern?

Wappenschmidt Das glaube ich schon. Es kommen häufiger Geschäftsleute, die einen Termin in Köln haben, bei uns vorbei und schauen sich die Ausstellung an, bevor sie wieder ins Flugzeug nach Amerika steigen.

Laura Lotz notierte das Gespräch.

(NGZ)
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