Schüler verletzt: Nach Messerangriff in Wuppertal – Anklage gegen 17-Jährigen
EILMELDUNG
Schüler verletzt: Nach Messerangriff in Wuppertal – Anklage gegen 17-Jährigen

Referat: Geschichte des Weidelands in Neukirchen "Neukircher Heide" sicherte das Überleben

Referat: Geschichte des Weidelands in Neukirchen · Donnerstagabend, Blauer Saal im Alten Schloss, der Geschichtsverein hat eingeladen. Es kamen mehr Interessierte, als der kleine Raum verkraften konnte. Mehr als 80 Personen wollten von Dr. Josef Schmitz erfahren, was an den 111 Morgen umfassenden Weideland so "lebensnotwendig" war. Die Rede ist von der "Neukircher und Ramrather Heide", von der man annimmt, dass sie über 1000 Jahre ein stilles, friedliches Dasein führte.

Die Römer waren verschwunden, Germanen und Franken rücken nach und gründen nach ihren Vorstellungen eine Wirtschaftsgemeinschaft. Diese fand Napoleon noch vor, als er 1807 die ersten brauchbaren Karten und Statistiken anfertigen ließ. Jede Familie hatte eine Feuerstelle: Ein winziges Häuschen, eher eine Kate, in der sich die Sippe mit Oma, Opa, Tanten, Onkeln, Eltern und Kindern geborgen fühlte. Die alten Karten zeigen, wie friedlich die Häuschen nebeneinander standen, und dass jede Sippe ein eigenes Gärtchen hatte. Die umliegenden Ländereien waren aufgeteilt, um im Wechsel Sommer- und Wintergetreide anzubauen und ein Drittel brach liegen zu lassen, damit sich der Boden wieder erholen konnte.

Alles befand sich im Gemeinschaftsbesitz, der dann nach strengen Regeln bewirtschaftet wurde. Die Einteilungen wurden Gewanne genannt, dazu gab es die "Allmenden": Wasser, Wald, Wiese. Die "Ramrather und Neukircher Heide" war Allgemeingut, hatte 111 Morgen, wovon allein neun Morgen den Freiherren von Francken aus Haus Horr gehörten. Ob die ihnen überhaupt zustanden, ist auch heute noch die Frage. Denn bereits um diese Zeit war die Ramrather Heide unterteilt. Der Teil rechts vom Gillbach gehörte zum Großherzogtum Jülich, links zum Kurkölnischen. Die Freiherren von Francken saßen genau auf der Grenze und beriefen sich auf ihr Gewohnheitsrecht.

Heute gibt es eigentlich nur noch die "Neukircher Heide", auf der der Sportplatz liegt. Die Ramrather Heide ist verschwunden, bis auf Haus Horr von 1738 und die Nepomuk-Kapelle aus den Jahren 174 1/42, beides früher im Besitz der damaligen Freiherren von Francken. Wenn man verstehen will, warum das kleine Stück Land dennoch wichtig war, muss man die Statistik bemühen. Sie weist um 1801 diese demografische Daten aus: 66 Prozent der Bevölkerung waren Tagelöhner, 23 Prozent Ackerer, sieben Prozent Knechte und Mägde, und nur vier Prozent waren keinem der Berufe zuordnen.

Keine Familie hätte allein durch ihr Häuschen mit Garten überleben können, der Gemeinschaftsbesitz Heide war somit als Nebenerwerbsquelle überlebenswichtig. Doch die Menschen waren so arm, dass 92 Prozent nur einen halben Taler pro Jahr zahlen mussten. Wenn man aber bedenkt, dass eine fünfköpfige Familie 120 Taler pro Jahr zum Überleben benötigte, war auch das noch viel. 1827 hatten 37 Prozent der Bevölkerung bis auf ihr Häuschen keinerlei Land, 20 Prozent besaßen fünf bis zehn Morgen, 76 Prozent noch weniger. 123 Kühe tummelten sich auf der Heide, weideberechtigt waren allerdings nur 106.

Davon gehörte 103 Familien jeweils nur eine Kuh, die ein Kuhhirt über den heute noch sogenannten "Viehweg" auf die karge Heide trieb. Doch die Freiherren von Francken beriefen sich auf ihr Gewohnheitsrecht durch die Tatsache, dass ihr Besitz genau auf der Grenze zwischen Ramrather Heide rechts und links des Gillbachs lag, und ließen ihre neun Kühe auch dort weiden. Es kam zu Prozessen und Kompromissen, zu Tricks, vielleicht fließen Schmiergelder. "Herrliches Gedöns", nennt Dr. Josef Schmitz den Zeitraum um 1800, als die herzöglich/königliche Zeit ihr Ende gefunden hatte. Margrit Himmel-Lehnhoff

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort