Grevenbroich Neues Leben am ehemaligen Tagebau

Grevenbroich · Auf den Flächen ehemaliger Tagebaue wimmelt es nur so von Leben. Mehr als 2500 Tier- und 1000 Pflanzenarten konnten im Revier nachgewiesen werden. Darunter auch ein Vogel, der in NRW eigentlich als ausgestorben gilt.

Neuer Lebensraum für seltene Tiere
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Er heißt Steinschmätzer und ist etwas ganz Besonderes: Den Vogel mit dem drolligen Namen gibt es eigentlich nicht mehr, in Nordrhein-Westfalen gilt er als ausgestorben. Ausnahme: In den Tagebauen Garzweiler und Hambach haben Forscher gleich 14 Brutpaare entdeckt. Auch von einer weiteren stark bedrohten Vogelart, der Grauammer, wurden rund 80 Paare in der Rekultivierung gezählt. In ganz NRW wird ihr Bestand auf nur noch 280 Paare geschätzt.

In der künstlich geschaffenen Landschaft wimmelt es vor Leben. "Alleine auf der Vollrather Höhe haben wir auf 375 Hektar rund 200 Tier- und Pflanzenarten festgestellt", sagt der Biologe Ulf Dworschak von der RWE-Forschungsstelle Rekultivierung. Warum sich vor allem seltenes Getier auf den Flächen ehemaliger Tagebaue so wohl fühlt: "Hier finden sie Lebensräume, die es anderswo in dieser Art nicht mehr gibt", so Dworschak.

Beispiel: die Feldlerche. Während dieser Vogel früher auf offenen Feldern in rauen Mengen anzutreffen war, hat sich die Zahl der Brutpaare in den vergangenen Jahren drastisch reduziert: "Auf einer Fläche von zehn Hektar sind landesweit nur noch zwei Pärchen zu finden", erläutert Ulf Dworschak. Anders in der Rekultivierung: "Hier ist dieses Verhältnis gut doppelt so hoch", weiß der Biologe.

Ein Grund dafür sind sogenannte "Feldlerchen-Fenster", die von den Mitarbeitern der Forschungsstelle angelegt werden. "Das sind größere Freiflächen, die nicht eingesät werden – ein idealer Lebensraum für die Vögel", betont Dworschak: "In der normalen Landwirtschaft gibt es so etwas heute nicht mehr."

In den vergangenen fünf Jahren wurden rund 300 neue Pflanzenarten im rheinischen Revier erfasst. Dabei stießen die Experten zum Teil auf spektakuläre Besonderheiten. Darunter das in der Niederrheinischen Bucht für ausgestorben gehaltene Kegel-Leimkraut oder die stark gefährdete Einspelzige Sumpflinse. "Wie die hierhin kommen, ist mir allerdings ein Rätsel", sagt Ulf Dworschak: "Das muss noch erforscht werden."

Gelbbauchunken im Elsbachtal, Ringelnattern auf der Sophienhöhe, die Gefleckte Keulenschrecke in der Königshovener Mulde, die Haselmaus auf der Vollrather Höhe oder der brütende Uhu im Tagebau Garzweiler gehören ebenso zu den Bewohnern der Rekultivierungsflächen wie zwölf Tag- und Nachtfalterarten. Die wurden von Schmetterlingsforschern in der Nähe von Grevenbroich entdeckt.

Die Arbeiten der Forschungsstelle finden mittlerweile weit über das Revier hinaus Beachtung. Nicht nur bei Wissenschaftlern aus ganz Deutschland, sondern auch bei Experten aus dem benachbarten Ausland sowie aus Vietnam und China.

(NGZ)
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