Mordfall „Claudia“ in Grevenbroich Ermittler verfolgen nach 22 Jahren neuen Ansatz

Grevenbroich · Im Mai 1996 wurde eine elf Jahre alte Schülerin aus Hemmerden entführt und ermordet. Nach mehr als 22 Jahren sind die Ermittlungen wieder ins Rollen gekommen. Das Landeskriminalamt verfolgt einen neuen Ansatz.

 Mit 36.000 Plakaten und der Aussicht auf eine Belohnung von 20.000 Mark fahndete die Polizei 1996 nach dem Mörder.

Mit 36.000 Plakaten und der Aussicht auf eine Belohnung von 20.000 Mark fahndete die Polizei 1996 nach dem Mörder.

Foto: woi

Der heimtückische Mord an Claudia R. erschütterte 1996 ganz Deutschland. Bis heute ist der Mörder des elf Jahre alten Mädchens aus Hemmerden auf freiem Fuß. Doch nun keimt Hoffnung auf, den Fall doch noch aufklären zu können. „Es gibt einen neuen Ermittlungsansatz“, sagte der Chef des Landeskriminalamtes, Frank Hoever, der Deutschen Presse-Agentur. Welche Spur verfolgt wird, ist allerdings noch unklar. Der neue Ansatz könne aus taktischen Gründen noch nicht näher erläutert werden, berichtete Hoever.

Seit der Tat sind mehr als 22 Jahre vergangen. Sie geschah am 11. Mai 1996, an einem Samstag. Am Vorabend des Muttertages hatte sich Claudia R. mit Nachbarshund „D.J.“ auf einem Spaziergang in der Nähe ihres Elternhauses am Schrieverspfad gemacht. Als der Dackel-Mischling alleine zurück kam, alarmierten die Eltern die Polizei. Mehr als 150 Einsatzkräfte suchten nach dem vermissten Kind, durchkämmten auch die in der Nähe liegenden Waldgebiete – vergebens.

 Claudia R. wurde am 11. Mai 1996 entführt. 40 Stunden später wurde die Leiche des Mädchens am Rande eines Getreidefeldes bei Euskirchen gefunden.

Claudia R. wurde am 11. Mai 1996 entführt. 40 Stunden später wurde die Leiche des Mädchens am Rande eines Getreidefeldes bei Euskirchen gefunden.

Foto: picture-alliance / dpa

40 Stunden später fand ein Spaziergänger das tote Mädchen auf einem Feldweg im Kreis Euskirchen, etwa 65 Kilometer von Hemmerden entfernt. Bis heute geht die Polizei davon aus, dass der Fundort nicht der Tatort war. Der Täter hatte das Kind vergewaltigt, gefesselt, erdrosselt, mit Benzin übergossen und angezündet – wahrscheinlich um Spuren zu verwischen.

Mit Hilfe von 36.000 Plakaten und Unterstützung der TV-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ fahndete die Polizei nach dem Mörder. Kurz nach dem Fund des toten Mädchens gingen 120 Hinweise bei der Bonner Mordkommission und den Ermittlern im Rhein-Kreis ein. Eine Spur führte sogar zum Fall Dutroux in Belgien. Doch alles blieb erfolglos.

Die Hoffnung, den Mörder doch noch dingfest machen zu können, keimte 2009 auf. Dank neuer Untersuchungsmethoden war es Mitarbeitern des kriminaltechnischen Labors in Düsseldorf gelungen, an den 1996 gesicherten Beweismitteln molekulargenetisches Material zu isolieren, das eindeutig nicht dem Opfer zugewiesen werden konnte.

Die Ermittler riefen fast 350 Männer, die damals in der Nähe des Opfers gewohnt hatten oder durch Sexualdelikte aufgefallen waren, zu einer freiwilligen Reihenuntersuchung auf. Doch der DNA-Test verlief negativ. Mit Unterstützung von Profilern des Landeskriminalamtes wurde im vergangenen Jahr ein weiterer Gentest eingeleitet. Rund 100 Menschen, auch aus dem Rhein-Kreis Neuss, wurden zu einer Speichelprobe aufgefordert. „Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Frank Piontek, Sprecher der Bonner Polizei, im Gespräch mit unserer Redaktion. Bislang habe sich keine Übereinstimmung ergeben, die auf einen Tatverdächtigen schließen lasse. Wie LKA-Chef Frank Hoever gegenüber der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, sei eine Ausweitung denkbar, sollte der zweite Massen-Gentest erfolglos bleiben.

„Mordermittlungen hören nicht auf“, sagt Frank Piontek. „Die Akte ,Claudia R.’ wird nicht geschlossen. Ergeben sich neue Ansätze, ermitteln wir immer weiter.“ Die Hoffnung, dass der Täter eines Tages gefasst wird, hat selbstverständlich auch die Mutter des ermordeten Mädchens. Die Grevenbroicherin will sich zum Fall nicht öffentlich äußern – sie sagt nur so viel: „Mein Leben ist für immer komplett aus den Fugen geraten.“

„Einen lange unaufgeklärten Mord doch noch aufzuklären, ist natürlich die Königsklasse“, sagt LKA-Chef Hoever. Es gebe derzeit mehrere Alt-Fälle, in denen die Ermittler sehr aktiv seien. Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, sei es aber zu früh, diese zu nennen. Im Landeskriminalamt wird derzeit eine Datenbank mit 1100 unaufgeklärten Mordfällen aufgebaut. Diese „Cold Cases“ sollen systematisch auf noch nicht ausgeschöpfte Ermittlungsansätze überprüft werden.

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