Grevenbroich Neue Ausstellung und Gedenken

Grevenbroich · In der Versandhalle wurde jetzt die Ausstellung "Deportiert ins Ghetto" eröffnet. Dargestellt werden auch die Schicksale von Grevenbroicher Juden. Die Schau gehört zum Programm rund um den 75. Jahrestag der Pogromnacht.

 Soeben eröffnet wurde in der Versandhalle die Ausstellung "Deportiert ins Ghetto". Dargestellt sind auch die Schicksale jüdischer Familien aus dem Stadtgebiet Grevenbroich.

Soeben eröffnet wurde in der Versandhalle die Ausstellung "Deportiert ins Ghetto". Dargestellt sind auch die Schicksale jüdischer Familien aus dem Stadtgebiet Grevenbroich.

Foto: L. berns

Es war die Nacht, in der Nachbarn, Kollegen und Vereinskameraden zu Fremden wurden: Plötzlich sahen sich jüdische Familien den Angriffen von SA-Angehörigen ausgesetzt. Bürgermeisterin Ursula Kwasny mahnte zur Eröffnung der Ausstellung "Deportiert ins Ghetto", diese Gräueltaten nicht zu vergessen.

In der Versandhalle zeigt die umfangreiche Präsentation mehr über den Weg von Juden aus dem Rheinland in das Ghetto Lódz, ihren Alltag dort, ihren Weg in Vernichtungslager und die Zeit nach dem Ghetto. Der Geschichtsverein Grevenbroich und dessen Arbeitskreis Judentum um Ulrich Herlitz haben die Schau um eine lokale Komponente ergänzt. Sie erinnern an den Leidensweg von Grevenbroicher Juden wie den Geschwistern Kaufmann aus Kapellen, der Familie Vasen aus Hülchrath oder den Familien Rothschild, Hirtz und Heinemann aus der Stadtmitte.

Am Samstag erinnerten Jugendliche der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule an die Pogromnacht: Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wird Marianne niemals vergessen: "Die SA stürmte unser Haus. Es fielen Schüsse. Ich hatte Todesangst. Meinen Onkel nahmen sie mit. Werde ich ihn jemals wiedersehen? Wie konnten Menschen aus unserer Stadt so etwas tun?" Mit gedrückter Stimme las Dilara Yoleri aus einem fiktiven Tagebucheintrag vor. Es war still, als die Zehntklässlerin auf dem Synagogenplatz an die Opfer vor 75 Jahren erinnerte. Zum dritten Mal gestaltete die Projektgruppe "KKG - Gegen das Vergessen" die Gedenkfeier.

Zahlreiche Bürger kamen zum Synagogenplatz und nahmen am Gedenkmarsch zum jüdischen Friedhof teil. "Wir wollen ein Zeichen setzen gegen Fremdenhass und Antisemitismus", erklärten Miriam Rech und Lisa Staff aus der Jahrgangsstufe elf. Die Gesamtschüler blickten auf die Gräueltaten zurück und zeichnen ein aktuelles Bild. Ihre Ziele: "Den Opfern zu gedenken und Verantwortung zu übernehmen — dafür, dass kein Mensch wegen seiner Herkunft, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit verletzt, verfolgt oder getötet wird." Dass die Realität anders aussieht, belegten die Schüler mit Umfragen und Studien aus Ungarn und Deutschland sowie mit dem NSU-Prozess. Daher sei es wichtig, zu erinnern und zu fragen, "was hätte ich getan, was würde ich tun?", so Mariane Tomovski.

Seit 2011 organisiert die Projektgruppe die Gedenkfeier unter der Leitung von Lehrer Thomas Jentjes und Reinhold Stieber. Dieser erinnerte an der Mauer der jüdischen Begräbnisstätte an das Ziel, das Denkmal wieder zugänglich zu machen. "Jedes Jahr sind wir einen Schritt weitergekommen. Jetzt werden wir erstmals ein Hinweisschild mit Eckdaten zum jüdischen Friedhof enthüllen. Und in einem Jahr wird sich die Tür öffnen", sagte Stieber. Dies sei wegen eines naheliegenden Baus noch nicht möglich. "Aber wir sind guter Dinge, dass sich in Kürze ein Erfolg abzeichnet." Bürgermeisterin Ursula Kwasny, die die Hinweistafel vorstellte, dankte den Gesamtschülern für die Bereitschaft, mit der Stadt und dem Landesverband Jüdischer Gemeinden Nordrhein, die Patenschaft zu übernehmen.

In Wevelinghoven erinnerte gestern Pfarrer Hans-Hermann Moll an das Novemberpogrom. Ehemalige und heutige Konfirmanden stellten die nationalsozialistischen Verfolgungen der jüdischen Nachbarn aus Grevenbroich und Wevelinghoven dar. Dann wurden am Friedhof die Namen der deportierten Kinder verlesen;, Ulrich Herlitz vom Geschichtsverein machte biografische Ergänzungen zu den Familien.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort