Grevenbroich Musikalische Friedensbotschaften aus dem Neurather "Kanönchen"

Grevenbroich · Die vielen auf Fotos abgebildeten Schützenbrüder an der Wand staunten am Samstagabend nicht schlecht, als sie den Auftritt der beiden hochkarätigen Künstlerinnen von Anfang bis Ende mitverfolgen konnten. Ihnen taten es die Besucher in der Traditionsgaststätte "Zum Kanönchen" gleich, wobei sie den Vorteil hatten, dass sie ihrer Begeisterung auch noch lautes Gehör verschaffen konnten. Die Pianistin Eugenia Smirnova und die Sopranistin Eugenia Dushina, beide gebürtige Russinnen, holten nämlich wie ganz selbstverständlich für gute zwei Stunden Konzertsaal-Ambiente ins "Kanönchen". Das wurde im Handumdrehen zu einem sehr respektablen künstlerischen Geschütz.

In der Zweiteilung des Konzerts machte romantisches Liedgut von Sergej Rachmaninow und Peter Tschaikowski den Anfang. Von beiden kennt man Sinfonien und Opern, doch deren kammermusikalisches Werk ist in den Konzertsälen weitgehend unterrepräsentiert. Und dabei sind es wahre Entdeckungen! So unbefangen, sicher und mit einer großen Portion Ausstrahlung Pianistin und Sängerin zu Werke gingen, so anspruchsvoll waren die Klänge. Moderator Christoph Schell gab gekonnt jeweils die Einstimmungen und Überleitungen und machte deutlich, wie literarisch gehaltvoll die russischen Texte sind.

Viel Gefühl, tiefe Traurigkeit, sehnsuchtsvolle Träume wurden in einer der echten Bühnen-Szenerie nachempfundenen Darstellung zelebriert. Eugenia Smirnova. die vor einigen Monaten die Traditionsgaststätte an der Gürather Straße übernommen hatte, bestach mit ihrer leichten und doch so präzisen Klavierbegleitung, und Eugenia Dushina verzauberte allein schon mit ihrem überwältigenden Stimmumfang. Sie sang sich mit zunehmender Dauer des Konzerts frei. Die weltweit renommierte Pianistin tat es ihr spielerisch gleich. Im zweiten Teil standen dann Titel aus Oper und Operette auf dem Programm. Auch dieses Dramatische und Heitere bewältigten die Künstlerinnen mit höchster Bravour. Wohlgesetzte theatralische Elemente kamen jetzt noch hinzu und vor allem vertrauter Wohlklang.

"Wir sollten mit Noten schießen statt mit Patronen", fasste Christoph Schell zusammen: "Lasst uns diese Botschaft aus dem ,Kanönchen' mitnehmen." Für diesen nur scheinbaren Lapsus gab es im Publikum die erwartbaren Lacher. Der Beifall entlud sich in einem wahren Jubelsturm, aus dem eine musikalische Anweisung deutlich herauszuhören war. Klassik in der Kneipe - dazu lässt nur eines sagen: da capo.

(NGZ)
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