"Ein Münzsammler hat immer eine Lupe zur Hand" Münzen sind Geschichte zum Anfassen

"Ein Münzsammler hat immer eine Lupe zur Hand" · Von Simon Hopf

Von Simon Hopf

Erst unter dem Vergrößerungsglas offenbart die dunkel angelaufene Münze ihr ganzes Geheimnis. "IMP GORDIANUS PIUS" lässt sich mit einiger Mühe entziffern: Der Name eines längst in Vergessenheit geratenen römischen Kaisers aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts, dessen Konterfei in das runde Metall geschlagen wurde.

"Ein Münzsammler hat immer eine Lupe zur Hand", erklärt Peter Habura, Vorsitzender der Münzfreunde Grevenbroich, die sich regelmäßig am zweiten Samstag im Monat von 17 bis 19 Uhr im Jägerhof an der Düsseldorfer Straße in Elsen treffen. Geldstücke aus dem Alten Rom, Silbermünzen der Jahre nach 1871 mit den schmucken Bildnissen deutscher Fürsten wie Otto von Bayern, dem Großherzog von Hessen oder König Wilhelm II. von Preußen, Notgeld aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wie zum Beispiel ein "Öcher Kräntche" von 1920 oder jene Münze aus dem ehemaligen Deutsch-Ostafrika mit Reichsadler und arabischer Beschriftung und "Heiermänner" aus den 50er Jahren - die vor den Sammlern ausgebreiteten Schätzchen lassen den Betrachter unweigerlich in die Vergangenheit abtauchen, sie nehmen einen mit auf eine faszinierende Reise durch die Zeit.

"Münzen sind Geschichte zum Anfassen", bringt es ein Numismatiker aus der Runde auf den Punkt. Auf einem der Tische liegen in dutzenden flachen Schubern hunderte von Münzen ausgebreitet. Sind es nun die Augen der Sammler oder die teils blitzblanken Kostbarkeiten, die heller strahlen? Fast wie neu wirken einige silberne Zwei- und Drei-Mark-Münzen aus dem Kaiserreich, von denen eine schon für zehn Euro zu haben ist. So günstig? Erhaltungsgrad, Prägeort, Motiv und nicht zuletzt die gefertigte Stückzahl und die bis heute mögliche Verfügbarkeit und Nachfrage entscheiden über den Preis.

Apropos Erhaltungszustand: Der Fachmann spricht beispielsweise von "ss" (sehr schön), "vz" (vorzüglich) oder "pP" -- polierte Platte. Für Habura sind es "Reinheit und Schönheit" die eine Münze für ihn interessant machen. Der 57-Jährige hat sich auf die bundesdeutsche Währung vor der Euroumstellung spezialisiert, sammelt Jahrgänge und "Buchstaben" (Prägeorte). Andere wiederum, wie Haburas Vorstandskollege Wilfried Wöpke, verschreiben sich bestimmten Motiven.

So hat Wilfried Wöpke nach diversen "Ausflügen" nun Sport- und Olympiamünzen für sich entdeckt. Ergo: In jedem Sammler steckt also auch ein Fachmann, der über sein besonderes Sammelgebiet mit großer Begeisterung erzählen kann. Gegenseitiger Erfahrungsaustausch über die Untiefen des Hobbys wie Fehlkäufe und Fälschungen - "Jeder von uns ist auch schon mal reingefallen." - steht bei den Münzfreunden Grevenbroich ganz hoch im Kurs. Natürlich geben sich die Mitglieder auch Tipps, "wo was wie teuer" zu erwerben ist.

"Münzkauf ist Sache des Vertrauens", so Habura. Wichtig seien "ein gutes Auge", die richtigen Kontakte, ein funktionierendes Netzwerk. Zudem gibt es auch Auktionen, Münz- und Medaillenbörsen in der ganzen Welt, auf denen der Rubel ins Rollen kommt. Darüber informieren sich die Grevenbroicher Sammler in Blättern wie der "Münzen Revue", "money trend" oder "Münzen & Papiergeld" oder eben bei den turnusmäßigen Treffen vor Ort im Jägerhof, bei denen interessierte Numismatiker und junge Leute, die in dieses Hobby einsteigen möchten, übrigens immer willkommen sind.

In Grevenbroich zählen die Münzfreunde derzeit 25 aktive Mitglieder. Alles Männer. Überhaupt ist das Münzensammeln ganz allgemein zumeist eine Domäne des "starken Geschlechts". Warum eigentlich? Da muss Habura passen. Das sei "unerforscht und unergründet", meint er mit leichtem Bedauern.

(NGZ)
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