Grevenbroich: Stefan Pelzer-Florack über Kultur bei kleiner Kasse „Wenig Geld zu haben, ist auch eine Chance“

Obwohl das Budget klein ist, sorgt das städtische Kulturamt ganzjährig für ein attraktives Angebot in Grevenbroich.

 Stefan Pelzer-Florack ist Kulturamtschef – und Musiker. Muss Geld eingespielt werden, tritt er gerne auf.

Stefan Pelzer-Florack ist Kulturamtschef – und Musiker. Muss Geld eingespielt werden, tritt er gerne auf.

Foto: Anne Schelhaas-Woell/ANNE_SCHELHAAS_WOELL

Herr Pelzer-Florack, wie schaffen Sie es, mit wenig Budget gute Programme zu realisieren?

Stefan Pelzer-Florack Wir haben vergleichsweise ein Mini-Budget, davon kann man mit Fug und Recht sprechen. Der Kulturhaushalt macht etwa einen Prozent des Gesamthaushalts aus, und daraus entwickeln wir offensichtlich ein wirkungsvolles Programm, jedenfalls den Zahlen nach zu urteilen: Mit 300 Veranstaltungen und 3000 Stunden Öffnungszeiten erreichen wir im Jahr mehr als 30.000 Menschen. Damit wird statistisch die Hälfte unserer Einwohner erreicht. Tatsächlich sind bis zu zehn Prozent der 30.000 Intensivnutzer, manchen dagegen erreichen wir nicht. Da könnte man alles probieren, es wäre vergebene Liebesmüh.

Wie oft im Jahr lassen sich Hingucker wie zuletzt die Monroe-Schau realisieren?

Pelzer-Florack  Ein Mal im Jahr planen wir einen echten Publikumsmagneten, einen Eyecatcher. Das sind populär-wissenschaftliche Veranstaltungen wie „50 Jahre Bravo“, über die 60er Jahre in den Bildern Linda McCartneys oder jetzt Marilyn Monroe. Diese Ausstellungen zu realisieren, geht nur mit der Hilfe von Sponsoren.

Wie gehen Sie bei der Programmgestaltung vor?

Pelzer-Florack Zum Team des Kulturamts gehören zehn Mitarbeiter. Wir stellen uns immer die Zielgruppenfrage. Was passt ins Portfolio des Hauses? Wir haben einen Vermittlungsauftrag, hier geht es nicht um Party. Und vieles, das angeboten wird, ist für uns nicht finanzierbar. Außerdem kann man nicht alles durcheinander machen, das würde die Struktur verwässern. Und die liegt beispielsweise auf unseren Musik-Reihen. Die Villa Erckens hat einen richtig guten Namen in der Szene. Da muss ich keine Musiker suchen, die Musiker bewerben sich bei uns.

Klingt erfolgreich. Gab es Rohrkrepierer?

Pelzer-Florack Eine schwer zu beantwortende Frage. Wir sind präsent im Augenblick, gut vernetzt und haben mit der Zeit viel Erfahrung gesammelt. Wir wissen ungefähr, wie das Ding läuft. Und Erfolg bemisst sich nicht immer nur in Masse. Eine Lesung mit zehn Leuten kann auch intensiv und erfolgreich sein.

Wie viel Vorlauf zur Planung brauchen Sie?

Pelzer-Florack Stars wie für Kultur-Extra müssen mindestens ein Jahr im voraus gebucht werden. Ausstellungen brauchen auch ihren Vorlauf. Bei allen aber bewahren wir uns eine gewisse Spontanität, um auch mal aus der Situation heraus reagieren zu können.

Wie wichtig ist dabei ein Netzwerk?

Pelzer-Florack Ganz, ganz wichtig. Wir sind mit vielen Vereinen, Künstlern, Kulturaktivisten und Menschen in der Stadt vernetzt. Wie gut das funktioniert, zeigte sich am Tag des offenen Ateliers. In Kooperation mit dem ADFC landeten wir einen Überraschungserfolg, diesen Tag per Radtour zu erleben.

Welche Rolle spielen Fördervereine?

Pelzer-Florack Seit vielen Jahren ist unser Budget auf einem Niveau, das der unteren Kategorie entspricht. Fördervereine erwirtschaften Gelder, mit denen im Museum zum Beispiel Medieninstallationen mitfinanziert werden oder in der Bücherei Abteilungen attraktiviert werden können. Wir arbeiten Hand in Hand und treten auch selbst an, wenn es nötig ist. Wenig Geld zu haben, ist auch eine Chance: Wir bieten keine Hochglanzkultur von der Stange, sondern sind erfindungsreich und kreativ mit Herzblut.

(Valeska von Dolega führte das Gespräch.)
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