Grevenbroich Letzte Videothek trotzt Internet-Konkurrenz

Grevenbroich · Monika Jennen betreibt die Videothek am Hammerwerk. Sorgen bereitet ihr der Mindestlohn - und weniger die Online-Konkurrenz.

In die große Litanei vom Videotheken-Sterben möchte Monika Jennen gar nicht erst einstimmen. Die 43-Jährige kneift kurz die Augen zusammen. "So schlimm ist das alles nicht", sagt sie dann. Seit 1. August ist sie Betreiberin der "World of Video"-Filiale am Hammerwerk - und damit Chefin der letzten Videothek in Grevenbroich. "Mag sein, dass uns dieses Alleinstellungsmerkmal in die Karten spielt", sagt sie. "Aber während anderswo immer mehr Videotheken schließen, haben wir rund 15 Neuanmeldungen pro Woche. Ich kann nur sagen: Der Laden läuft."

Im Wettstreit mit den omnipräsenten Streaming-Portalen und Video-on-Demand-Angeboten im Internet nimmt sich die Filiale damit aus wie das kleine gallische Dorf in den Asterix-Comics - umlagert, bedroht, aber noch quicklebendig. Dass Monika Jennen vor dreieinhalb Monaten für ihren beruflichen Neustart - sie kommt ursprünglich aus der Automobilbranche - ausgerechnet die Leitung einer Videothek wählte, hat durchaus Seltenheitswert. Denn die Branche steckt in einer tiefen Krise. Laut "Interessenverband des Video- und Medienfachhandels in Deutschland" gab es 2008 in Nordrhein-Westfalen 691 Videotheken, Ende 2013 waren es noch 395.

Tendenz: weiter fallend. Die Vermietungen gingen im Vergleich zu 2012 um neun Prozent, der Umsatz um sechs Prozent und die Anzahl der Kunden um acht Prozent zurück. Alles Zahlen, die Monika Jennen kennt. "Ich bin aber von unserem Angebot überzeugt - und sehe mich durch die Kunden bestätigt", sagt sie.

Mehr als 10 000 Filmtitel bietet sie auf 635 Quadratmeter Fläche in ihrer Videothek an. Hinzu kommen eine Menge Spiele für die gängigen Konsolen - gerade wird das Angebot für Xbox One und Playstation 4 ausgeweitet. "Ein Ausläufer sind hingegen die reinen PC-Spiele. Das wird immer weniger", sagt Jennen. In ihrer Filiale nehmen sie nur noch ein kleines Regal ein - und damit weniger als die Panini-Comics, die sie ebenfalls im Angebot hat. "Das kommt bei den Jugendlichen hervorragend an", betont Jennen.

Nichtsdestotrotz wächst die Konkurrenz im Internet. Netflix, Watchever, Amazon Prime, Maxdome, Snap und wie sie alle heißen mischen den Markt kräftig auf. 2013 nutzten laut einer Studie des unter anderem auf Markt- und Medienforschung spezialisierten Unternehmens "Goldmedia" vier Millionen Bürger in Deutschland kommerzielle Online-Videotheken. Im Schnitt haben sie acht Filme geliehen und sechs Filme gekauft. Bis 2018 soll sich der Umsatz mit Video-on-Demand-Angeboten verdreifachen. Für die klassischen Videotheken wird es in Zukunft also noch deutlich ungemütlicher.

Monika Jennen blickt noch entspannt auf diese Herausforderungen. Sie setzt auf ihre Stammkunden, das Alleinstellungsmerkmal in Grevenbroich und Service. Sorgen bereitet ihr dafür der Mindestlohn. "Zurzeit habe ich acht Mitarbeiter. Monatlich kämen 1200 Euro mehr auf mich zu", sagt sie. "Ich weiß noch nicht, wie das gehen soll."

(NGZ)
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