Wohnheime für Menschen mit Behinderung im Rhein-Kreis Die Lebenshilfe reagiert zurückhaltend auf Lockerung der Besuchsverbote

Grevenbroich · Die Lebenshilfe im Rhein-Kreis Neuss hält die Aufhebung der Besuchsverbote für Einrichtungen der Eingliederungshilfe für zu kurzfristig und nicht verantwortbar. „Wir machen uns Sorgen, dass die Menschen in unseren Häusern durch zu massive und schnelle Lockerungen gefährdet werden“, sagt Geschäftsführer Andreas Fortenbacher.

 Einkaufen in Zeiten von Corona: Das können die Bewohner des Lebenshilfe-Wohnhauses „Burg“ in Wevelinghoven jetzt am eigenen Kiosk.

Einkaufen in Zeiten von Corona: Das können die Bewohner des Lebenshilfe-Wohnhauses „Burg“ in Wevelinghoven jetzt am eigenen Kiosk.

Foto: Lebenshilfe

Neben den Grevenbroicher Wohnhäusern in Gustorf, Neukirchen und Wevelinghoven gibt es im Kreis fünf weitere Wohnhäuser, in denen insgesamt rund 220 Menschen mit Behinderung leben.

Diese Wohnhäuser dürfen seit dem 10. Mai offiziell wieder besucht werden – das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hatte wenige Tage zuvor angekündigt, das Betretungsverbot aufzuheben. Als Hauptgrund wurde angeführt, man wolle die soziale Isolation der Bewohner vermeiden.

Waltraud Decker, die den Bereich Gemeinschaftliches Wohnen leitet, kann das nicht nachvollziehen. „Die Menschen mit Behinderung in den Wohnhäusern leben in familienähnlichen Gruppen miteinander und nicht isoliert“, sagt Decker. Der Zusammenhalt sei groß und werde durch viele gemeinsame Aktivitäten verstärkt. So wurde unter anderem im Wohnhaus in Wevelinghoven – der sogenannten „Burg“ – ein Gartenhaus in einen Kiosk umgewandelt. Dort können Bewohner ihre persönlichen Einkäufe, die sie normalerweise im Stadtteil selbst erledigen, auch jetzt tätigen. Außerdem halte man durch zahlreiche Fotos und Berichte in sozialen Netzwerken den Kontakt zu den Angehörigen aufrecht.

Was die Besuche betrifft, so arbeitet die Lebenshilfe nun an einem Konzept, das individuell auf die Einrichtungen zugeschnitten ist. Dabei würden einige Maßnahmen des Ministeriums übernommen, andere nicht. So hält Andreas Fortenbacher Container mit Trennscheibe als Orte für ein Wiedersehen für nicht sinnvoll. Stattdessen könnten die Gärten und Außenanlagen genutzt werden. Auch sollen die Bewohner in Texten, die vom „Büro für leichte Sprache“ verfasst wurden, auf die neue Situation vorbereitet werden.

Für viele Regeln, darunter auch das Screening von Besuchern, brauche die Lebenshilfe einen Vorlauf. Bewohner und Angehörige hätten dem vorsichtigen Umgang mit Besuchen größtenteils zugestimmt. Das sei, so Waltraud Decker, „ein anerkennendes Zeichen für gegenseitiges Verständnis und den gemeinsamen Wunsch nach Sicherheit“.

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