Kommunikation für Behinderte erleichtern Die Lebenshilfe setzt sich für leichte Sprache ein

Grevenbroich · An der Lindenstraße „übersetzt“ ein neues Büro schwere Texte in auch für behinderte Menschen verständliche Formulierungen.

 Der 3. Dezember ist internationaler Tag der Menschen mit Behinderung. Neu in Grevenbroich ist das Büro für leichte Sprache, das Michaela Holzberg leitet.

Der 3. Dezember ist internationaler Tag der Menschen mit Behinderung. Neu in Grevenbroich ist das Büro für leichte Sprache, das Michaela Holzberg leitet.

Foto: Lebenshilfe Rhein-Kreis Neuss

Die Worte kennt fast jeder: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.“ So beginnt die Weihnachtsgeschichte im Lukas-Evangelium. Weil derlei Texte aber nicht jeder versteht, wie beispielsweise geistig Behinderte, gibt es das „Büro für leichte Sprache“. Seit dem 1. November verfügt auch die Lebenshilfe an der Lindenstraße in Grevenbroich über eine solche Einrichtung. Das Büro „übersetzt schwere Texte in leichte Sprache. Damit alle sie verstehen“, führt Mitarbeiterin Nina Gronover aus.

Die sogenannte leichte Sprache fußt auf etwa 40 Regeln. „Die Schlüssel zur Verständlichkeit sind kurze Sätze, einfache Wörter und Texte ohne Fachbegriffe“, nennt Gronover Beispiele. Außerdem werden Komposita zur leichteren Verständlichkeit mit Bindestrich gekoppelt, Abkürzungen oder Fachtermini werden vermieden. Allerdings werden durch vereinfachte Sprache Texte oft umfangreicher, weshalb Ratgeber entsprechend voluminöser ausfallen.

„Das ist ein fließender Prozess, stetig werden Verbesserungsmöglichkeiten eingearbeitet“, sagt Gronover über diese Form der Barrierefreiheit. Im Rahmen der „Inklusion wird leichte Sprache immer wichtiger.“

Zielgruppe sind Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen, ebenso Leute mit Migrationshintergrund. Ehe Texte für gut befunden werden, werden sie in einem „aufwendigen Prozedere von Anwendern geprüft und korrigiert“. Zwei Übersetzer, 16 Prüfer sowie Prüf-Assistenten gehören unter anderem zu diesem Team.

„Der Bedarf ist enorm hoch“, weiß die Lebenshilfe-Mitarbeiterin über Formulare und Publikationen, die von „kompliziert“ zu „einfach“ übersetzt werden. Michaela Holzberg, ursprünglich für Pflege und Betreuung bei der Lebenshilfe zuständig, ist Leiterin des Büros für leichte Sprache. Alle betreuten Wohnungseinrichtungen, also acht Häuser, sowie die Angestellten der Varius-Werkstätten sollen profitieren. Zurzeit werden Broschüren vom Thema „Umzug“ bis „Babybegrüßungspaket“ übersetzt. Außerdem bietet das Projekt jetzt Einrichtungen und Unternehmen die Möglichkeit, ihre Websites barrierefrei, sprich: leichtsprachig, zu gestalten. Bis aber auch Patientenverfügung und Co. entsprechend übersetzt werden, ist es noch ein Weg.

Mit seinem Büro für leichte Sprache ist die Lebenshilfe Mitglied im starken Verbund, das Netzwerk verläuft deutschlandweit. „Bereits seit 2011 hatte sich die Lebenshilfe mit der Idee getragen, mitzumachen, allerdings fehlten bislang die finanziellen Mittel. Die sind nun gegeben, die Aktion Mensch unterstützt die Lebenshilfe in den kommenden vier Jahren mit etwa 207.000 Euro. Die förderfähigen Gesamtkosten, also alle Kosten, die die Umsetzung des Projektes direkt betreffen, betragen etwa 247.000 Euro.

Die Geldmittel, die Aktion Mensch für das Büro stellt, werden in erster Linie für Personal- und Verwaltungskosten investiert, den Rest von rund 40.000 Euro trägt die Lebenshilfe Rhein-Kreis Neuss, zusätzlich zu so genannten begleitenden Kosten wie Büromietung oder Ausstattung.

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