Grevenbroich Land Art: Kunst zerfällt

Grevenbroich · Das Land-Art-Projekt im Elsbachtal polarisiert auch nach acht Jahren. Die Natur hat Besitz ergriffen von den Hügeln und Brikett-Feldern – im Sinne des Künstlers. Viele Grevenbroicher sprechen aber von Geldverschwendung.

 Anfangs war das Land-Art-Projekt deutlich zu erkennen (o. und M.). Hildegard Florack ärgert sich über die "verkrautete Fläche" heute.

Anfangs war das Land-Art-Projekt deutlich zu erkennen (o. und M.). Hildegard Florack ärgert sich über die "verkrautete Fläche" heute.

Foto: R. Kurnatowski/m. reuter

Die Erhebungen im Elsbachtal erinnern an Hügelgräber, im Gras dazwischen tollen Hunde herum. Sie wissen nicht, dass sie sich auf einem Kunstwerk aufhalten: auf dem Land-Art-Projekt "Entwicklungsfelder" – entstanden im Rahmen der Gartenschau Euroga 2002plus. Karl Becker (62) hat zum Werk eine klare Meinung: "Das ist nicht Land-Art, sondern Land-Verschwendung", sagt er beim Spaziergang. "Das Geld hätte man besser in Schulen und Kindergärten stecken sollen", erklärt Elfriede Becker (62).

Das Land-Art-Projekt "Entwicklungsfelder", von manchen "Teletubbie-Hügel" genannt, polarisiert auch nach acht Jahren. "Als Kunst nehme ich das nicht wahr", meint Andre Ebel (38), der seinen Hund ausführt. "Das Werk fügt sich gut in die Natur ein", sagt dagegen Regine Büttner-Loose (53).

Auf der rund zwei Hektar großen früheren Tagebaufläche hat der in Eitorf lebende Künstler Benoit Tremsal (58) ein Symbol für die sich wandelnde Landschaft im rheinichen Revier geschaffen – aus 14 Erdhügeln und zwölf Brikett-Feldern. Von letzteren sind nur Reste zu sehen, auf den Hügeln steht hoch das Gras. "Das Verschwinden des Werks ist die Intention des Künstlers", weiß Herbert Jacobs, Vorsitzender des 2007 aufgelösten Vereins für kulturelle Weiterbildung und Pflege des Europagedankens.

Der Verein hatte etwa 400 000 Mark fürs Werk zusammengetragen – aus Euroga-Mitteln und Spenden, städtische Mittel flossen nicht. "Zur Pflege ist nur eine jährliche Mahd vorgesehen, die die Stiftung Schloss Dyck übernimmt", so Jacobs. Für 2010 steht der Schnitt noch an.

Kritik üben nicht nur Spaziergänger: "Was soll dieses verkrautete Areal uns heute sagen? Ungepflegte Flächen haben wir genug", empört sich UWG-Ratsfrau Hildegard Florack. "Bei uns sind ganze Landstriche dem Tagebau zum Opfer gefallen. Da ist es unbegreiflich, den Prozess des Vergehens en miniature zu dokumentieren." Auch Kunstvereins-Vorsitzender Professor Hans-Rainer Willmen ärgert sich: "Rausgeschmissenes Geld."

Und der Künstler? "Die ,Entwicklungsfelder' sollen sich unter natürlichen Einflüssen entwickeln. Ich wollte auf Folgen des Tagebaus hinweisen – zeigen, wie künstlich diese Landschaft ist, und wie schnell man das vergisst. Dieser Gedanke ist damals aber schlecht vermittelt worden", so Benoit Tremsal. Er findet es gut, wenn über das Projekt diskutiert wird. Herbert Jacobs: "Das Werk hat international Beachtung gefunden. Wir wollen zum Nachdenken anregen. Auch wenn Leute Kopf schüttelnd vorübergehen, befassen sie sich damit." Tremsal war zuletzt 2009 vor Ort. "Ursprünglich war nicht geplant, dass der ADAC nebenan sein Zentrum baut. Das stört die Wahrnehmung – aber auch das ist eine Form der Entwicklung."

(NGZ)
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