Grevenbroich Kwasny will Ogata-Beschluss kippen

Grevenbroich · Achselzucken ist angesagt: SPD-Fraktionschef Horst Gerbrand, seit 1994 im Rat, kann sich "nicht daran erinnern, dass es einen solchen Vorgang in den vergangenen 18 Jahren gegeben hat".

 Der Stadtrat soll morgen seinen Beschluss aufheben.

Der Stadtrat soll morgen seinen Beschluss aufheben.

Foto: L. Berns

Auch Stadtsprecher Andreas Sterken, seit 1990 bei der Stadt, kennt einen ähnlichen Vorgang im Rathaus nicht. Das Vorgehen von Bürgermeisterin Ursula Kwasny hat Seltenheitswert: Sie beanstandet einen Beschluss des Stadtrates. Auf Kwasnys Empfehlung hin soll der Rat morgen seine Entscheidung für ein neues, nach dem Einkommen der Eltern gestaffeltes Gebühren-Modell für die Offene Ganztags-Grundschule aufheben, weil sie gegen das Haushaltsrecht verstoße. Sonst hat ein anderer das Sagen — dann kann Landrat Hans-Jürgen Petrauschke den Beschluss aufheben.

SPD und Grüne hatten das neue Gebühren-Modell beantragt, wollen damit mehr soziale Gerechtigkeit erreichen. Gerbrand ist nun verärgert: "Die Verwaltung versucht, den Stadtrat zum Marionettentheater zu degradieren."

Klar, dass bei einem so seltenen Prozedere das Wissen von Justiziar Marc Saturra gefragt ist. "Wenn ein Ratsbeschluss geltendes Recht verletzt, dann hat die Bürgermeisterin sie mit einer schriftlichen Begründung zu beanstanden", erläutert der Experte.

Das Problem aus Sicht der Verwaltungschefin: Laut Vergleichsberechnungen mit den Gebühren anderer Kommunen nehme die Stadt bei Staffelbeiträgen 85 000 bis 180 000 Euro weniger ein als nach dem bisherigen Modell. Die Nothaushaltskommune darf aber, betont Saturra, keine Beitragsstaffelung einführen, "bei der weniger Beiträge eingehen als vorher und das Haushaltsdefizit größer wird." Keine Auswirkungen hat diese Kontroverse auf Eltern von Grundschülern. "Der Rat hat ja noch keine konkreten Zahlen für neue Gebühren festgelegt, die geltenden Sätze für die Ogata bleiben also unverändert", erklärt der Justiziar.

Morgen hat der Rat die Wahl: Entweder er hebt seinen eigenen Beschluss auf oder er hält daran fest. "Dann muss die Bürgermisterin unverzüglich die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einholen", so Saturra. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke erklärt. "Wir werden die Sitzung morgen abwarten. Bleibt es beim Beschluss, prüfen wir, ob er rechtswidrig ist."

Vor dem Landrat müssen erst einmal die Stadt-Politiker entscheiden: Gerbrand kündigte bereits an, "dass wir im Rat dafür werben, am Beschluss festzuhalten. Wir haben nur eine Grundsatzentscheidung beschlossen. Wie kann die Verwaltung dann wissen, wie viel sie einnimmt? Wir können doch die Gebührenhöhe so gestalten, dass es kostenneutral ausgeht", empört sich Gerbrand.

CDU-Fraktionschef Norbert Gand erklärt dagegen: "Die CDU wird für die Aufhebung stimmen. Wir sind nicht generell gegen ejne soziale Staffelung, aber das Modell ist mit unserer Haushaltslage nicht vereinbar." Bei der Entscheidung im Mai hatte die CDU-Fraktion sich enthalten. Neben vier FDP-Ratsmitgliedern hatte nur Kwasny mit "Nein" gestimmt.

(NGZ/rl)
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