Nach Todesfällen durch Krebs in Niederaußem Kraftwerke: Kaum Daten über Asbest

Von Frank Kirschstein

Von Frank Kirschstein

In den RWE-Braunkohlekraftwerken Frimmersdorf und Neurath sind möglicherweise nicht so viele Arbeiter von asbestbedingten Krebserkrankungen betroffen, wie dies nach Meldungen über den Tod von zwölf früheren Arbeitern des Kraftwerks Niederaußem zu vermuten war. Die Männer waren in der Zeit von 1982 bis 2001 an Krebs gestorben, der durch den Kontakt mit Asbest verursacht wurde. Genaue Zahlen für Grevenbroich werden jedoch nicht veröffentlicht. Nach der Diskussion um Asbest in Kraftwerken bei RWE Rheinbraun, hier das Neurather Werk, informierte das Unternehmen am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz in der Kölner Hauptverwaltung über die Situation. NGZ-Foto: H. Jazyk

Der leitende Mediziner von RWE Rheinbraun, Dr. Ulrich Blankenstein, erklärte Montag, in Niederaußem seien viele Mitarbeiter des 1982 abgerissenen alten Kraftwerks Fortuna in Bergheim übernommen worden, das als besonders asbestbelastet galt. Entwarnung also für die Arbeiter in den Grevenbroicher Kraftwerken? Wohl kaum. "In den 60er und 70er Jahren war Asbest ein Baustoff wie jeder andere", sagte Blankenstein Montag auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in der Rheinbraun-Zentrale in Köln, nachdem am Wochenende die Todesfälle in Niederaußem bekannt geworden waren.

Leider, so der Mediziner, seien die Gefahren und Gesundheitsrisiken vor allem durch das Einatmen von Asbestfasern erst spät erkannt worden. Seit Ende der 70er Jahre seien dann stufenweise immer strengere Schutzmaßnahmen eingeführt worden, bis hin zum Asbestverbot 1993. Zug um Zug, so betonte auch RWE Rheinbraun-Arbeitsdirektor Gerd Spaniol, seien asbesthaltige Elemente ausgetauscht worden. Auf die Frage, nach der Zahl der Arbeiter, die in den 60er und 70er Jahren mit dem giftigen Stoff in Kontakt gekommen sind und erkrankten, gab es gestern bei RWE Rheinbraun keine Antwort. Die genauen Daten - auch für die einzelnen Kraftwerksstandorte - habe nur die Berufsgenossenschaft. RWE lägen nur "globale Zahlen" vor, nach denen in den Unternehmen des RWE-Konzerns tendenziell weniger Mitarbeiter an den Folgen des Asbestkontakts erkrankt oder gestorben seien als bei anderen Energieversorgern.

"Wir tappen im Dunkeln", erklärte Blankenstein, denn in den 60er und 70er Jahren habe es keine Kontrollen gegeben. "Viele Mitarbeiter sind im Ruhestand oder haben den Arbeitgeber gewechselt", ergänzt Spaniol und verweist ebenfalls auf die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik. Ein Ausweichmanöver? Olaf Petermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Berufsgenossenschaft, winkt auf Nachfrage der NGZ ebenfalls ab: Daten über Erkrankungen an einzelnen Kraftwerksstandorten lägen zwar vor, sie dürften jedoch aus Gründen des Datenschutzes ohne Zustimmung von RWE Rheinbraun nicht herausgegeben werden.

Der Energiekonzern setzt jetzt auf eine Breitenuntersuchung: Insgesamt rund 14.000 ehemalige und aktive Beschäftigte sollen zu einem Beratungsgespräch eingeladen werden. "Ergibt sich dabei der Hinweis auf einen Kontakt mit Asbest, bieten wir eine Untersuchung an", kündigte Alwin Fitting, Arbeitsdirektor der RWE Power AG, an. Vorwürfe, RWE habe das Problem zu spät erkannt, wies Spaniol zurück: "Hier wird nichts verharmlost." Dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden sei, die sich mit dem Thema Asbest befassen soll, habe vor allem mit der Neustrukturierung des Konzerns nach der Fusion von RWE und VEW zu tun.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort