Grevenbroich Kessel-Check unter Hochdruck

Grevenbroich · Vor dem Start des neuen BoA-Kraftwerks müssen die beiden Riesen-Kessel mächtig unter Druck gesetzt werden. Bei diesem Check wird geprüft, ob jede der rund 160.000 geschweißten Nähte auch Extrem-Situationen aushält.

Für Baustellenleiter Manfred Hensel steht fest: "Das waren Meilensteine auf dem Weg zum neuen Kraftwerk." Der 56-Jährige ist zufrieden, denn die Dampfkessel der Blöcke "Friedrich" und "Gustav" — die Herzstücke der BoA — haben bewiesen, dass sie einsatzfähig sind. Die gewaltigen Anlagen am Stadtrand wurden unter extremen Druck gesetzt — und sie haben ihre gesetzlich vorgeschriebene Feuertaufe bestanden. Die Kessel sind dicht.

Ein Heer von Monteuren war damit beschäftigt, eine fast unüberschaubare Zahl von Rohren zusammen zu schweißen — monatelang knisterte und flackerte es im Inneren der beiden Kesselgebäude. Allein für die 7600 Tonnen schweren Heizflächenpakete des Kessels von Block "Gustav" wurden rund 10 400 Einzelrohre verschweißt. "Eine Riesen-Aufgabe", meint Manfred Lang, Sprecher von RWE Power. Denn hintereinander gelegt ergäben diese im Dampferzeuger eingebauten Rohre eine Länge von gut 1400 Kilometern: "Das entspricht in etwa der Entfernung zwischen dem Kölner Dom und dem Petersplatz in Rom", erläutert Lang.

Nach dem Monteuren kamen die "Checker": Spezialisten inspizierten in jedem Kessel die etwa 80 000 verschweißten Nähte. Dickwandige Rohre wurden per Ultraschall, dünnwandige mit Röntgenstrahlen geprüft. Danach konnte der Test beginnen. Im Abstand von etwa fünf Monaten kamen "Friedrich" und "Gustav" auf den Prüfstand. "Mit Hilfe von etwa 1000 Kubikmetern Wasser wurde der Druck in jedem Kessel auf 485 bar hochgefahren", betont Lang und erklärt: "Das ist weit mehr als der spätere Betriebsdruck von 272 bar."

Nachdem dieses Hochdruck-Niveau — überwacht vom TÜV Rheinland — eine halbe Stunde lang gehalten wurde, machten sich Teams auf den Weg und suchten den Dampferzeuger nach möglichen Leckagen ab. "Eventuelle Schadstellen werden dabei lokalisiert und umgehend repariert", berichtet Manfred Hensel. Was ihn freut: "Im Kessel des Blocks ,Gustav' war nicht eine einzige Schweißnaht defekt."

Ein Check wie beim Auto

Die Kesseldruckproben sind ein Teil der schrittweisen Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks. Auch die Transportbänder für die Braunkohle oder die Kühlsysteme werden bei dieser Gelegenheit geprüft. "Das ist wie beim Auto", meint Manfred Lang: "Bevor der Motor erstmals gestartet wird, werden Bremsen, Heizung, Licht und Scheibenwischer ausprobiert."

Im Laufe des neuen Jahres soll das neue BoA-Kraftwerk ans Netz gehen. Von Neurath aus werden künftig zehn Millionen Menschen mit Strom versorgt.

(NGZ)
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