Grevenbroich Inklusion hat die Förderschule gestärkt

Grevenbroich · Der Mosaik-Förderschule für geistig Behinderte hat die Inklusion nicht nur überlebt. Schulleiter Johannes Wallraff freut sich über Eltern, die seine Schule als beste Möglichkeit für ihre Kinder ganz bewusst wählen und als Chance sehen.

 Schulleiter Johannes Wallraff im Foyer der Mosaik-Schule, das für die Freizeitgestaltung und für Schulveranstaltungen genutzt wird.

Schulleiter Johannes Wallraff im Foyer der Mosaik-Schule, das für die Freizeitgestaltung und für Schulveranstaltungen genutzt wird.

Foto: G. Tillmanns

Die wohl bewegteste Zeit in seiner Lehrer- und Schulleierlaufbahn seit 1982 hat Johannes Wallraff mit der Einführung der Inklusion und der damit verbundenen Schließung von Förderschulen hinter sich gebracht. Die Mosaik-Schule in Hemmerden hat nicht nur überlebt, für Wallraff ist sie sogar gestärkt aus diesem radikalem Umbau der Schullandschaft hervorgegangen. Der 63-Jährige stellt fest: "Die Inklusion hat uns sogar gut getan. Früher waren wir Pflichtschule, jetzt haben die Eltern die Wahl. Und wenn sie sich bewusst für uns als die Schule entscheiden, die ihr Kind am besten fördern kann, dann stehen sie auch ganz anders dahinter."

Die Mosaik-Schule hat den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. 134 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 20 Jahren, die in der Hauptsache aus Grevenbroich stammen, besuchen den Ganztagsunterricht in dem Schulgebäude neben den Varius-Werkstätten, die auch das Mittagessen in die Mosaik-Schule liefern. 40 Schüler sind nicht nur geistig, sondern auch körperlich behindert. Für notwendige individuelle Therapien, wie zum Beispiel Logopädie oder Rollstuhltraining, kommen die Therapeuten in die Schule: Solche Möglichkeiten hätten Regelschulen trotz aller Inklusion natürlich nicht, gibt Wallraff zu bedenken.

Doch der Förderschulleiter unterscheidet: "Es gibt Kinder, die brauchen den Ansporn durch andere, die weiter entwickelt sind. Für die ist das gemeinsame Lernen eine echte Chance. Es gibt aber auch Kinder, die genau diese Situation demotiviert." Das sähen auch die Eltern zunehmend ein, weshalb es sogar mittlerweile Rückläufer aus den Regelschulen zurück in die Förderschule gebe.

Die Mosaik-Schule sei allerdings als Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung ein Sonderfall gerade auch, was die Elternakzeptanz anbelange, betont der Leiter. Da bei den meisten Kindern eine geistige Behinderung schon früh festgestellt werde, habe das Gros "seiner" Schüler bereits integrative Kindertagesstätten besucht und sei deshalb auch schon vor der Einschulung für die Schulempfehlung begutachtet worden.

Deshalb gebe es im Gegensatz zu früheren Zeiten, als die Förderschulen noch "Hilfsschulen" oder "Sonderschulen" genannt wurden, heute auch kaum noch Hemmschellen bei den Eltern. Dies gelte übrigens auch für Flüchtlinge: "Die meisten kennen solche Förderangebote aus ihrer Heimat gar nicht und sind dankbar, dass es sie bei uns gibt", beobachtet Wallraff, der übrigens mit der personellen Ausstattung "seiner" Schule zufrieden ist. "Im Moment haben wir eine gute Personalsituation. Aber es gibt auch keine Sonderpädagogen mehr", weiß Wallraff, der in seinem Schulleiterleben auch in diesem Bereich schon viele Wellenbewegungen erlebt hat. Nach der Auflösung von Förderschulen seien viele Kollegen ins gemeinsame Lernen gewechselt: "Vor zwei Jahren gab es noch einen totalen Überhang an Sonderpädagogen. Jetzt ist der Markt leer gefegt", berichtet er.

(NGZ)
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