Hochzeit mit Hindernissen in Grevenbroich Nur die Magnolie war Trauzeuge

Grevenbroich · Kitschig? Nö. Kerstin und Christian Bretschneider waren stärker als alles, was sich ihnen vor dem Ja-Wort in den Weg gestellt hatte. Grevenbroich trug bei zum Happy End in Corona-Zeiten.

 Kerstin und Christian Bretschneider am Ziel: „Ja“ zueinander gesagt, die Ringe getauscht und ein Foto unter der schönsten Magnolie der Stadt gemacht. Der Weg dahin war jedoch voller Hindernisse. Heiraten in Zeiten der Virus-Krise.

Kerstin und Christian Bretschneider am Ziel: „Ja“ zueinander gesagt, die Ringe getauscht und ein Foto unter der schönsten Magnolie der Stadt gemacht. Der Weg dahin war jedoch voller Hindernisse. Heiraten in Zeiten der Virus-Krise.

Foto: Bretschneider

Ganz zum Schluss gab es den ganz großen Schreck. Die Tür war abgeschlossen; die Fenster dunkel. Schwiegervater rüttelte zunächst vergebens an der Klinke. Vom Standesamt. Es wäre gewissermaßen die tiefschwarze Pech-Krone auf dieser Hochzeit gewesen. Doch am Ende ging die entscheidende Tür auf. Musste jemals ein Paar mehr Abstriche vom schönsten Tag im Leben hinnehmen als Kerstin und Christian Bretschneider? Die Hochzeitsfeier in einem belgischen Restaurant mit Hotel für 20 Gäste – abgesagt. Die Hochzeitsreise nach Japan – zwangsweise um viele Monate verschoben. Über dieser Trauung schwebte das Coronavirus. Ganz absagen? Von wegen! Das Brautpaar hielt aneinander und an seinem Plan fest. Und sagte an einem März-Samstag 2020 in Grevenbroich mit fester Stimme „Ja“ zueinander. Es war ein Happy End.

„Hier muss man Grevenbroich, dem Bürgermeister und dem Standesbeamten Martin Scheffler ein ganz großes Kompliment machen: Sie haben die Heirat zu einem besonderen Erlebnis gemacht“, sagt Kerstin Bretschneider. Die beiden Brautleute, die sich seit sechs Jahren kennen, haben ihren Lebensmittelpunkt eigentlich in Düsseldorf. Doch dort, an der Inselstraße, erlebten sie Trauungen, nun ja, eher als Fließbandprodukt. Bräute und Bräutigame in zahlreichen Zimmern, ein penibel getakteter Zeitplan und keine Parkplätze vor der Tür. Nein, das Standesamt am Wohnsitz punktete nicht bei den Bretschneiders.

Die Magnolie machte schließlich den Unterschied. „Die hatte ich auf Fotos gesehen und mir ausgerechnet, dass sie zu unserem Hochzeitstermin eigentlich blühen müsste“, verrät Kerstin Bretschneider. Das Grevenbroicher Standesamt ist familiär. Hinzu kommt bei dem Paar – sie arbeitet als Projektleiterin, er als SAP-Berater – ein gewisser Pragmatismus. „In Grevenbroich hätte es selbst für die ursprünglich geplante Gesellschaft von rund 20 Gästen genug Parkplätze gegeben. Und der Ort liegt schon mal in Richtung Belgien“, sagt Christian Bretschneider. Dorthin wären die Vermählten etwa 140 Kilometer gefahren, um zu tanzen, zu feiern, zu lachen.

Daraus wurde nichts. „Je näher der Termin rückte, desto mehr Unheil zog am Horizont auf“, berichtet Kerstin Bretschneider. Erst erwies sich die geplante Hochzeitsreise nach Japan als undurchführbar. Da spöttelte Europa noch über Corona, Asien aber befand sich bereits im Krisen-Modus. Die Hochzeitsreise wurde auf November verschoben.

Eine Woche vor dem Termin meldete sich der Chef des Restaurants in Belgien mit der Hiobsbotschaft: „Wir werden gleich geschlossen. Und zwar bis auf weiteres. Einen Ausweichtermin können wir ihnen deshalb heute nicht anbieten.“ Da kamen die Hauptpersonen in dieser Geschichte schon ins Grübeln.

„Aber abgesagt wird nicht“, beschlossen sie. Natürlich zusammen. So erschienen in Grevenbroich das Brautpaar, ein Elternpaar – das andere Elternpaar musste vorsichtshalber zuhause bleiben – und ein Bruder. Macht fünf Personen. Martin Scheffler habe der Zeremonie dennoch einen würdigen Rahmen verliehen. Dann klickte es beim Foto unter der Magnolie. Und als prickelnde Zugabe gab es ein Glas Champagner für jeden Anwesenden. Die Feier und die große Reise werden nachgeholt. Versprochen.

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