Angehörige im Kriegsgebiet Grevenbroicher in Sorge um Verwandte in der Ukraine

Mühlrath · Die Familie Lys aus Mühlrath ist in Sorge um ihre Angehörigen, sie hält per WhatsApp Kontakt in die Ukraine. Und sie ist bereit, zu einer 1100 Kilometer langen Fahrt zu starten.

 Theo Lys ist bereit, Verwandte von der Grenze abzuholen.

Theo Lys ist bereit, Verwandte von der Grenze abzuholen.

Foto: Andreas Woitschützke

Der Wagen steht vollgetankt bereit. „Wenn ich einen Anruf von meinen Verwandten bekomme, dass sie das Land verlassen wollen, dann setze ich mich ins Auto und fahre zur polnischen oder rumänischen Grenze“, sagt Theo Lys. Mit großer Sorge verfolgt der Mühlrather, der Präsident der Präsidentenrunde der 21 Bruderschaften, Kirmesgesellschaften, Schützen- und Heimatvereine in Grevenbroich ist, den Krieg in der Ukraine. Denn Theo Lys hat in mehreren Regionen des Landes Verwandte, sein Vater stammt von dort.

Per WhatsApp und mit Hilfe eines Übersetzungsprogramms hält der 74-Jährige Kontakt, hört von Krieg, Sorgen und Angst. „Wir haben hier Platz genug, wir könnten einige aufnehmen aus der Familie.“ Auch sein Bruder Peter Lys erklärt: „Wir sind in engem Kontakt, zum Glück ist niemand verletzt. Unsere Angehörigen wollen die Entwicklung noch abwarten. Wenn sie kommen, werden wir sie aufnehmen. Auch Bekannte sagen: ,Gebt uns Bescheid, wir fahren hinunter‘. Die Solidarität ist toll“, betont Peter Lys. Ein anderer Krieg hatte ihre Eltern zusammengeführt. Als Zwangsarbeiter kam Dementro Lys 1941, im Zweiten Weltkrieg, nach Mühlrath und „lernte hier meine Mutter kennen. 1945 heirateten sie, sie bekamen sechs Kinder“, sagt Theo Lys. Viele Male war er in der Ukraine, „das letzte Mal vor drei Jahren“. Die Familie väterlicherseits in der Ukraine ist sehr groß. Eine Cousine etwa lebe mit ihrer Tochter und deren fünfjährigem Sohn in Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes nahe der russischen Grenze. „Sie berichten von Explosionen“, schildert Lys. Die Familie halte sich wegen der Gefahr viel im Keller auf. „Es herrscht wahnsinnige Unsicherheit. Aus Charkiw können sie nicht weg, weil keine Züge fahren.“ Theo Lys spricht vom Einmarsch der russischen Truppen als „Bruderkrieg, es ist ein Völkermord“.

Auch einer Cousine, die in Lwiw (Lemberg) wohnt, habe er angeboten, sie an der Grenze abzuholen. „Doch sie sagt: Heimat ist Heimat. Die Menschen in der Ukraine sind sehr heimatverbunden“, das patriotische Denken sei stark. Weitere Angehörige leben nahe der rumänischen Grenze, andere im Osten rund 70 Kilometer von Donezk entfernt. „Dort rollen Panzer.“

Theo Lys denkt daran, sich an Hlfsaktionen für die Ukraine zu beteiligen. In den 90er Jahren hatte der Mühlrather mit anderen Menschen Hilfstransporte gestartet und Geld gesammelt. „Wir haben etwa Operationsbesteck und andere medizinische Geräte zu Kinderkrankenhäusern und Medizinzentren gebracht. Wir haben unter anderem von der Kirche Geld bekommen“, auch Grevenbroicher Schützen sammelten.

Am Abend wird er wieder per WhatsApp Kontakt halten. Und er steht bereit, zur 1100-Kilometer langen Tour zu starten.

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