Spiritueller Zwischenruf zu Pfingsten aus dem Kloster Langwaden Künstliche Intelligenz und lebendiger Geist

Grevenbroich · Die Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Doch ist sie wirklich ein Fortschritt in eine gute Zukunft, fragt Bruno Robeck, Prior der Zisterzienser aus Langwaden.

Bruno Robeck ist Prior der Zisterziensermönche aus dem Kloster Langwaden.

Bruno Robeck ist Prior der Zisterziensermönche aus dem Kloster Langwaden.

Foto: Melanie Zanin

Vor kurzem las ich einen Zeitungsartikel mit der Überschrift „Wenn die KI den Anwalt aussucht“. Keine Zeitung und kein Nachrichtenportal kommen heute um das Thema „Künstliche Intelligenz“ herum. Es ist auch besser, wenn wir uns im Voraus mit den Gefahren einer künftigen Technologie beschäftigen, als dass wir im Nachhinein erstaunen und erschrecken, was für weitrechende Konsequenzen und negative Nebenwirkungen die Entwicklung mit sich bringt. Hier ist – Gott sei Dank – ein Umdenken zu erkennen: Nicht alles, was der Mensch erfindet, ist wirklich ein Fortschritt in eine gute Zukunft.

Ich möchte mich aus der seelsorglichen und spirituellen Perspektive mit dem KI-Flaggschiff ChatGBT beschäftigen. Wenn ich es richtig verstehe, hat dieser Chatbot einen riesigen Vorrat an Informations- und Textbausteinen, die er, von Algorithmen gesteuert, zusammensetzt – je nach Anfrage und Thema. Das Ergebnis ist frappierend. Die meisten Informationen zu einem Thema hätte ich auch ausgesucht. Mit seinem immensen Umfang an Textbausteinen ist der Chatbot mir jedoch haushoch überlegen. Diese Einsicht kann kränken, weil die KI mehr Zugriffsmöglichkeiten hat als ich. Die Kränkung kann noch verstärkt werden, wenn ich erkenne, dass ich selbst beim Gespräch mit anderen oft auch „Bausteine“ benutze. Ich unterscheide mich jedoch von der KI, weil ich mir erstens dieser Bausteinpraxis bewusst werden und zweitens neue Bausteine erfinden kann.

Ein konkretes Beispiel: ChatGBT kann mir viel über eine Krankheit sagen, die ich habe. Zusammen mit der vollumfänglichen Information kann mich die künstliche Intelligenz gleichzeitig in die Verzweiflung stürzen, wenn die Krankheit schwierig ist. Die menschlich intelligente Person wird behutsam über die Krankheit informieren und stets die nonverbalen und verbalen Reaktionen des Gegenübers berücksichtigen. Sie wird die Wortwahl an den Zustand des Kranken anpassen und ihm nicht einfach objektive Fakten an den Kopf knallen. Das künstlich intelligente Programm bleibt auf sein eingerichtetes System fixiert.

Wir Menschen handeln oft ähnlich „künstlich“. Vielleicht schockt daher die KI so sehr, weil sie uns einen Spiegel vorhält. Aber wir Menschen können uns einer anderen Dimension öffnen. Wir können aus bestehenden Systemen ausbrechen. Die KI fordert mich spirituell heraus. Das stimmt. Aber meine menschliche Intelligenz ist nicht von ihr abhängig. Ich kann etwas Anderes, ja vielleicht Verrücktes tun, womit die KI nicht rechnet. Meine menschliche Intelligenz ist nur abhängig von meinem menschlichen Geist.

Und mein Geist hängt ab von Gott, der ihn mir gegeben hat. Pfingsten feiern wir, dass Gott seinen freien Geist in alle Menschen sendet. Die Künstliche Intelligenz mag einen großen Einfluss haben. Aber durch meinen eigenen Geist kann ich nicht nur unabhängig bleiben, sondern sogar die Künstliche Intelligenz beeinflussen. Ich muss meinen Geist nur lebendig halten und lernen, wahre Lebendigkeit von künstlicher Nachahmung und nachträglicher Berechnung zu unterscheiden.

(NGZ)
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