Spiritueller Zwischenruf Warum Kinder die Helden der Pandemie-Zeit sind

Meinung | Langwaden · Obwohl noch klein, stehen Kinder ebenso wie die Erwachsenen vor großen Herausforderungen. Warum sie die Helden der Pandemie-Zeit sind, erklärt der Langwadener Zisterzienser-Prior Bruno Robeck in seiner wöchentlichen Kolumne.

 Bruno Robeck, Prior der Langwadener Zisterzienser-Mönche.

Bruno Robeck, Prior der Langwadener Zisterzienser-Mönche.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Es fehlt etwas auf den Straßen am frühen Morgen. Gewöhnlich stehen viele Kinder an den Bushaltestellen der umliegenden Dörfer. Die Schulbusse drängeln sich durch die engen Straßen an parkenden Autos vorbei. In dieser Zeit tragen alle Kinder Maske – auch in den Bussen. Es scheint sie nicht groß zu stören – zumindest so wie ich es im Vorbeifahren wahrnehme. In dieser Woche sind die Straßen leer. Es sind Herbstferien.

Ob die Kinder sich freuen, wieder zu Hause bleiben zu dürfen? Oder ob sie jetzt lieber zur Schule gehen würden, weil in der letzten Zeit schon so viel Unterricht ausgefallen ist und weil sie ihre Schulfreunde so selten gesehen haben? Aber vielleicht sind sie auch froh, dass sie jetzt zu Hause unbeschwert ohne Maske herumlaufen können.

Bei all diesen Überlegungen fällt mir auf, wie wenig Kontakt ich als Mönch zu Kindern habe. In unser Kloster kommen fast nur erwachsene Menschen. Vor kurzem sagte mir jemand, dass die Kinder die Helden dieser Pandemie-Zeit sind.

Ich musste sofort an die altbekannten Alltagshelden denken, die nach wie vor treu ihren Dienst zum Wohle aller tun. Sie will ich auf keinen Fall vergessen. Ich glaube aber, dass wir die Kinder auch als Helden würdigen sollten. Sie sind noch klein, stehen aber ebenso wie die Erwachsenen vor großen Herausforderungen. Ihr gesamtes Leben in der Familie, in der Schule und in der Freizeit hat sich verändert. Sie mussten damit klar kommen, sich nicht mehr mit Freunden treffen zu können, keine Abschluss- und Einschulungsfeiern zu haben und vom Computer aus zu lernen.

Dazu kommt das ständige Masketragen und die bleibende Unsicherheit, ob sich nicht doch ein Mitschüler mit dem Coronavirus angesteckt hat und die ganze Klasse in Quarantäne geschickt wird. Es ist im Grunde ein Wunder, dass die Kinder im Großen und Ganzen die festgelegten Maßnahmen als Notwendigkeit akzeptieren und die Schwierigkeiten gelassen hinnehmen. Die Kinder helfen heldenhaft mit, die Pandemie einzudämmen.

Vor diesem Hintergrund verstehe ich auch Jesus besser, der immer wieder Kinder bewusst in den Mittelpunkt gestellt hat. Die Jünger versuchen die Kinder zur Seite zu schieben, Jesus aber holt sie zurück und segnet sie. Er nimmt das Kind als Vorbild wahrer Größe: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte“ (Mt 18,3f). Die Kleinen sind die großen Helden. Jesus weiß aber auch, wie sehr die Kleinen trotz ihres heldenhaften Tuns verletzlich bleiben. Darum stellt er sich kompromisslos auf ihre Seite. Wer einem Kleinen auch nur Anlass zu Ärgernis gibt, „für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde“ (vgl. Mt 18,6). Dieses Wort Jesu schreibt denen Seinen klar ins Stammbuch, wen sie zu achten und zu schützen haben und wem gegenüber keine Toleranz angebracht ist.

Ich wünsche uns allen, dass wir offene Augen für die Kinder behalten und sie nicht übersehen, weil sie klein sind. Wer genau schaut, kann in diesen Kleinen oft große Helden entdecken. Sie stellen durch ihr verantwortungsvolles Handeln so manchen Erwachsenen in Frage, der nicht bereit ist, sich einzuschränken, um die kranken und alten Menschen zu schützen.
Pater Bruno Robeck, OCist

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