Hemmerden  Varius-Werkstatt stellt Präventionskonzept vor

Hemmerden · Das Konzeptpapier der Behinderten-Werkstätten enthält einen detaillierten Verhaltenskodex und Handlungsanweisungen.

Die Varius-Werkstätten wollen Missbrauch und Gewalt vorbeugen. Dafür hat die Behinderten-Werkstatt jetzt ein 53 Seiten starkes „Präventions- und Interventionskonzept gegen Gewalt und Grenzverletzungen“ erstellt, das alle 160 Angestellten an den fünf Standorten erhalten. Dabei handelt es sich um viel mehr als eine Handlungsanweisung für den Fall, dass Angestellte, Mitarbeiter oder Außenstehende durch Gewalt auffallen. sondern auch um einen Leitfaden für den täglichen Umgang miteinander. „Wir wollen nicht warten, bis etwas passiert, sondern vorbeugend aktiv werden“, betont Wilfried Moll, Geschäftsführer der Varius-Werkstätten mit Sitz in Hemmerden. Der Landschaftsverband Rheinland als Kostenträger fordere von allen Behinderten-Werkstätten in den nächsten Jahren ein solches Konzept. „Da liegen wir vorn“, sagt Moll. Auch der Bundesverband der Lebenshilfe habe bereits Interesse an dem Leitfaden signalisiert.

Ein Anlass für das von einem Projektteam erstellte Konzept ist eine vom Bundesfamilienministerium finanzierte Studie der Uni Bielefeld. „Daraus geht hervor, dass Menschen mit Behinderung allgemein einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, im Laufe des Lebens Gewalterfahrungen zu machen“, erklärt Sozialpädagoge Ralf Feldmann. „Behinderte Menschen leben oft länger in Abhängigkeitsverhältnissen, beginnen später oder manchmal gar kein selbstbestimmtes Leben“, ergänzt die pädagogische Leiterin Birgit Krahwinkel.

In dem Papier geht es um Vorbeugung und dem Umgang mit allen Formen von psychischer und physischer Gewalt sowie anderer Übergriffe. Basis des Konzepts sind zwölf Leitsätze. „Unsere Arbeit zeichnet sich durch Respekt, Wertschätzung und Aufmerksamkeit für den anderen aus“, zitiert Sandra Kober vom pädagogischen Fachdienst bei Varius den ersten Leitsatz. Für den täglichen Umgang gibt es zudem einen verbindlichen Verhaltenskodex, beispielsweise für Körperkontakte, angemessene Kleidung, die nicht sexuell aufreizend sein soll, oder den Umgang mit „Schwärmereien“ von behinderten Mitarbeitern gegenüber Angestellten. Neue Mitarbeiter sollen zunächst grundsätzlich gesiezt werden. Und natürlich geht auch gar nicht, „sie vor anderen ,herunter zu putzen, bloßzustellen“, sagt Moll.

Doch das Konzept sieht auch sechs Handlungsleitfäden für den Fall vor, dass ein Gewalt-Vorfall beobachtet oder vermutet wird. „Der erste Schritt ist dann, die Beteiligten zu trennen, den Betroffenen zu schützen“, erläutert Ralf Feldmann. Danach soll die Leitungsebene eingeschaltet werden, sollen Gespräche mit Betroffenem und Beschuldigtem im Haus folgen und das weitere Vorgehen geklärt werden. Interne Ansprechpartner im gesamten Verlauf sind Sandra Kober und Ralf Feldmann. Handlungsanweisungen werden auch für den Fall gegeben, dass ein Außenstehender auffällt.

Darüber hinaus gehören auch Schulungen zum Konzept. Dabei erfahren Fachkräfte, wie sie bei Gewaltsituationen professionell und deeskalierend eingreifen. Für behinderte Mitarbeiter gibt es Selbstbehauptungsseminare – „bislang nur für Frauen, künftig möchten wir sie auch für Männer anbieten“, erklärt Sandra Kober.

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