Blumen in Grevenbroich Die Tulpenstadt an der Erft
Grevenbroich · Auf dem Paulushof ist bereits Frühling. Martin Francken sorgt dort fürs richtige Klima. Sein Betrieb hat sich der Tulpe verschrieben.
Noch hat Martin Francken die vier Jahreszeiten fest im Griff. Im Gewächshaus bestimmt er, wann der Winter endet; und niemand sonst. Sobald es in einigen Wochen auf die Felder geht, ist der Landwirt aus Hemmerden-Busch der Natur ausgesetzt, so wie alle anderen auch. So sorgte die milde Witterung im vergangenen Jahr dafür, dass sich die Freiluftsaison um mehrere Wochen nach vorn verschob. Wie es 2020 werden wird? Bei den Winzern ist jedenfalls erstmals seit vielen Jahren die Eisweinernte ausgefallen – mangels Frost. Was Wetter und Klima mit dem Paulushof der Frankens vorhaben, wird sich bald schon zeigen. Auf acht Hektar wächst dort – ein Meer aus Millionen Tulpen.
Farben, Formen, die Zeichnung der Tulpenblätter – aus einem kleinen, kaum zehn Zentimeter hohen Steppenpflänzlein ist eine bunte Artenvielfalt gezüchtet worden. „Wir haben mehr als 60 verschiedene Arten bei uns auf dem Hof“, sagt Martin Francken, der mit seiner Familie den Paulushof bereits in der zweiten Generation bewirtschaftet. 1953 hat sein Vater mit den Tulpen begonnen. Bereits als Sechsjähriger half Francken auf den Feldern. Der Tulpenflüsterer hat sein Handwerk von klein auf erlernt.
„Wir haben zwei Kreisläufe pro Jahr“, sagt er. Vom Frühjahr bis in den Frühsommer hinein beschäftigt die Tulpenzwiebel-Produktion die Belegschaft auf dem Paulushof. Von den Franckens wird erwartet, dass Sorten und Farben zuverlässig abgeliefert werden. Deshalb werden die Tulpen nicht via Bestäubung vermehrt, sondern vegetativ. Neben viel Fachwissen und Fingerspitzengefühl steht hierzu das Köpfen der Blüte am Anfang des Prozesses. „Danach schickt die Pflanze all ihre Kraft in die Zwiebel“, erläutert Francken.
Neben dem Zwiebelverkauf bringt er derzeit von Grevenbroich aus die ersten Frühlingsboten in das Grau des Winters. Denn in den Gewächshäusern werden aus einem Teil der eigenen Zwiebeln Schnittblumen erzeugt, die über den Großhandel in den Blumenläden und von dort aus in den Vasen von Tulpenliebhabern landen. „Auch hier überlassen wir nichts dem Zufall, sondern steuern das Wachstum, in dem wir in den Gewächshäusern die Umweltbedingungen genau einstellen.“
Die Zahl der Tulpenfreunde – so ist der Eindruck – steigt. Wie unsere Redaktion Mitte vergangenen Jahres berichtete, gibt es zur Freiland-Tulpenblüte im April und Mai einen regelrechten Run der Instagrammer und Influencer auf die Tulpenfelder im Rhein-Kreis – und natürlich auch auf die Tulpenflächen von den Franckens im Hemmerden-Busch. Unzählige farbenfrohe Fotos und Likes schwirren dann durch den virtuellen Raum. Einer der Tulpenfreunde reiste sogar eigens aus Moskau an, um die in Grevenbroich ein eigenes Bild von der bunten Vielfalt zu machen.
Solange die Besucher keine Pflanzen stehlen und nichts zertrampeln, sind sie auf dem Paulushof willkommen. Gemeinsam mit seinem Sohn ist Martin Francken zwischen der Feinarbeit in den Gewächshäusern und auf den Feldern häufig in den Niederlanden unterwegs – um die neusten Züchtungen und Trends auf dem Tulpenmarkt aus erster Hand mitzubekommen. „Wichtig ist, dass man niederländisch spricht“, antwortet er auf die Frage nach seinem Erfolgsgeheimnis.
Die Nähe zum Tulpenexporteur Nummer eins – den Niederlanden – ist auch aus der Sicht von Wolfgang Wappenschmidt ein Grund dafür, warum der Rhein-Kreis mit einer Anbaufläche von insgesamt rund 50 Hektar Tulpen, verteilt auf hauptsächlich fünf Betriebe ein Tulpenmusterland ist. Zudem passten die Tulpen gut in die Ackerbaufruchtfolge, ergänzt der Vorsitzende der Kreisbauernschaft. Jetzt fehlt nur noch das Ende des Winters zu einem Evergreen der Region: „Wenn der Frühling kommt, dann schick ich dir Tulpen aus – Grevenbroich. . .“