Pfarrverein St. Martinus Wevelinghoven Tapeten erzählen die Geschichte des alten Pastorats

Wevelinghoven · Auf den Wänden des ältesten Wevelinghovener Backsteingebäudes klebten die Wohn-Geschmäcker von Generationen. Helmut Coenen hat die Motive mit seiner Kamera festgehalten.

 Eine Rarität: Handgemalte Tapete aus der Biedermeierzeit.

Eine Rarität: Handgemalte Tapete aus der Biedermeierzeit.

Foto: Coenen

Alte Tapeten können auch ein bisschen Kunst sein. Dieser Eindruck entsteht zumindest beim Betrachten eines neuen Heftchens, das der Grafiker Hemut Coenen für den Pfarrverein St. Martinus herausgegeben hat. Er zeigt darin Bilder, die zum Teil wie abstrakte Malereien anmuten. Tatsächlich waren sie aber einmal bunt gestaltete Papierrollen, die einst die Wände des alten Pastorats in Wevelinghoven zierten.

Das historische, im Jahr 1653 erstmals bezogene Gebäude ist soeben frisch renoviert worden. Bevor die aufwendigen Sanierungsarbeiten 2015 starteten, hatte sich Coenen mit seiner Kamera noch einmal in dem Haus umgesehen, um den verwahrlosten Zustand für die Nachwelt zu dokumentieren. „Dabei sind mir die Tapeten aufgefallen, die viele Jahrzehnte lang übereinander gekleistert wurden“, schildert er. „Schicht für Schicht“ – so auch der Titel des neuen Heftchens – lag sozusagen die gesamte Tapeten-Story des ältesten Backsteingebäudes der Gartenstadt vor ihm.

„Das hat mich interessiert“, berichtet der Grafiker, der seine Kamera aus der Tasche holte, um sämtliche Tapetenreste auf seiner Speicherkarte zu konservieren. „Da lag quasi der Geschmack von mehreren Bewohner-Generationen vor mir“, sagt Coenen. „Das musste festgehalten werden.“

 Ein Gruß aus den 50ern: Mädchen mit Petticoat-Kleidern.

Ein Gruß aus den 50ern: Mädchen mit Petticoat-Kleidern.

Foto: Helmut Coenen

Es war eine bunte Mischung, die noch an den Wänden des alten Hauses klebten. Die 1950er Jahre etwa blinzelten noch mit Motiven hervor, die Mädchen mit Wespentaille und Petticoat-Kleidern zeigten. Die 60er und 70er waren mit knallbunten floralen Designs vertreten.

Aber es ging noch älter: Als der bekannte Kunsthistoriker Dr. Max Tauch kurz vor seinem Tod das alte Pastorat besuchte, fiel ihm eine blaue Tapete in der ersten Etage auf. „Die müsst ihr unbedingt ablösen“, riet der ehemalige Leiter des Clemens-Sels-Museums in Neuss. Ein guter Rat, schließlich handelte es sich um handgemalte Wandverkleidungen aus der Biedermeierzeit (1815 bis 1848). Zerteilt und liebevoll gerahmt, wurden die alten Tapeten an Interessierte verkauft. Der Erlös floss in die Sanierung des uralten Pastoren-Domizils.

 Knallige Farben: Das war die Zeit der Pril-Blumen.

Knallige Farben: Das war die Zeit der Pril-Blumen.

Foto: Helmut Coenen

Die blauen Blumen-Motive aus dem 19. Jahrhundert sind in dem Heftchen ebenso zu sehen wie die ältesten Zeitzeugen des historischen Gebäudes: Mit Lehm vermischtes Stroh, das sich auch nach der Sanierung noch in den Wänden des alten Pastorats wiederfindet. „Letzten Endes bin ich froh, das alles damals mit der Kamera festgehalten zu haben. Denn auch das ist ein Stück Ortsgeschichte“, sagt Coenen.

Das neue Heftchen, zu dem die Journalistin Birgit Wilms kurze Texte verfasst hat, ist zum Preis von zehn Euro erhältlich. Es kann in der Fachwerkstatt Coenen an der Unterstraße 75 erworben oder per E-Mail an info@martinusforum-wevelinghoven.de bestellt werden.

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