Städtebund Grevenbroich gehört jetzt zum Deutschen Riga-Komitee

Grevenbroich · Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher übergab am Dienstagabend die Beitrittsurkunde in der Villa Erckens.

Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher und Bürgermeister Klaus Krützen unterzeichneten am Dienstag Abend die Beitrittsurkunde. Grevenbroich ist nun offizielles Mitglied des Riga-Komitees.

Foto: Michaelis, Judith (jumi)/Judith Michaelis (jumi)

Die Stadt ist jetzt offizielles Mitglied des Deutschen Riga-Komitees. Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher überreichte am Dienstagabend in der Villa Erckens die Beitrittsurkunde an Bürgermeister Klaus Krützen. Grevenbroich ist die nunmehr 69. Kommune, die sich dem vor 22 Jahren gegründeten Komitee angeschlossen hat. Für den Beitritt hatte sich der Geschichtsverein unter Leitung von Ulrich Herlitz stark gemacht.

Aufgabe dieses in Europa einzigartigen Städtebundes ist es, an die mehr als 26.000 jüdischen Bürger zu erinnern, die 1941 und 1942 ins lettische Riga deportiert und in ihrer überwiegenden Zahl im Wald von Bikernieki ermordet wurden. „Auch viele Grevenbroicher fielen in Riga der planmäßigen Vernichtung europäischer Juden zum Opfer“, berichtet Ulrich Herlitz. Beispielhaft nennt er die Hemmerdener Familien Theisebach-Winter, Sachs-Winter und Außen-Winter, die am 11. Dezember 1941 von den Nationalsozialisten aus ihrem Heimatort verschleppt wurden.

Marianne Stern-Winter (1919–1998) überlebte als einzige ihrer Familie den Holocaust. „Sie wurde im Rigaer Ghetto zur jahrelangen Zwangsarbeit für die Wehrmacht gezwungen, die ihre Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel mit dem Leben büßten“, schildert Herlitz, der 1988 enge Kontakte zu der Hemmerdenerin knüpfte und begann, sich mit der Geschichte der jüdischen Familien aus Grevenbroich eingehend zu beschäftigen.

Die im Riga-Komitee vereinten Städte und die Deutsche Kriegsgräberfürsorge pflegen unter anderem seit 21 Jahren die Erinnerungsstätte auf den Massengräbern des sogenannten Blut-Sonntags von Riga im Bikerniekiwald. „Es ist wichtig, diese Stätten als Mahn- und Gedenkorte zu erhalten“, sagt der Grevenbroicher Museumsleiter Thomas Wolff. Darüber hinaus gelte es für die Mitgliedskommunen aber auch, vor Ort Vermittlungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten. „Gerade hierfür ist der Geschichtsverein ein idealer Partner der Stadt“, meint Wolff.

Die Mitglieder um Ulrich Herlitz haben sich bereits einiges vorgenommen. „Wir werden als Mitglied des Riga-Komitees ein pädagogisches Programm entwickeln, das vornehmlich für junge Leute bestimmt ist“, kündigt der Vorsitzende an. Darüber hinaus soll voraussichtlich im nächsten Jahr für interessierte Grevenbroicher eine Fahrt nach Riga organisiert werden. Aktuell hat der Verein eine Wanderausstellung in den weiterführenden Schulen laufen, die einen Einblick in die Poesiealben zweier jüdischer Mädchen aus Hemmerden gibt.

Der Geschichtsverein hatte im Herbst 2019 die Initiative gestartet, dass auch Grevenbroich dem Deutschen Riga-Komitee beitritt. Nach dem Ratsbeschluss im darauf folgenden Jahr stellte die Stadt einen Beitrittsantrag, der positiv beschieden wurde. „Wegen Corona hat es bis zur Mitgliedschaft etwas länger gedauert“, sagt Ulrich Herlitz. 2000 Euro wird Grevenbroich zum Einstand für die Erinnerungsarbeit geben. Eine Hälfte davon kommt aus dem Stadtsäckel, die andere übernimmt der Geschichtsverein.

Ulrich Herlitz hatte in der jüngeren Vergangenheit den Kontakt zu den heute in Amerika, Polen, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland lebenden Nachkommen der zweiten und dritten Generation der jüdischen Familien aus Hemmerden aufgenommen. 2018 gelang es ihm, die Familie teilweise erstmalig wieder in Grevenbroich im Rahmen einer Gedenkwoche zusammenzubringen. Daraus entstand dann die Idee, gemeinsam Riga und Danzig zu besuchen. „Ich durfte diese Erinnerungsreise 2019 als Vorsitzender des Geschichtsvereins und Leiter des Arbeitskreises Judentum, vor allem aber als Freund der Familien begleiten“, sagt Herlitz. In Riga sei aber nicht nur den von den Nationalsozialisten ermordeten Menschen gedacht, es sei auch das Leben gefeiert worden.